Gedenktag in Unkengrund (1045) Teil 04: Umtrunk am Vorabend

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Chronik:

1. Ingerimm 1045, abends
Gastgeberin Leanna Vialigh lädt alle bisher angereisten Gäste am Vorabend des Gedenktags auf ihren Broch zu einem kleinen Mahl.
Die Edle tischt zu dieser Gelegenheit eigenen Wacholderschnaps auf - einen starken, nach Nadelwald schmeckenden Rachenputzer, der in irdenen Bügelflaschen auf den Tisch findet, und aus der Brennerei unten im Ort stammt.
Interessierte können sich von der Hausherrin den wieder aufgebauten Broch zeigen lassen und erfahren, welche Schäden es durch die Verheerung durch die nostrischen Söldlinge gab, welche Bauabschnitte beim Wiederaufbau aufeinander folgten, und nicht zuletzt, wo man Änderungen vorgenommen hat. Anhand der dunkleren Steine, die vom Feuer künden, ist klar erkennbar, welches Mauerwerk neu und welches alt ist.

Broch Glennbarr.jpeg

Anwesende

Tischgespräche während des Umtrunks

Zitate Leanna Vialigh Wappen haus vialigh.png

„Keine Sorge, ich werde mich kurz fassen und die großartigen Reden auf morgen verschieben. Eines möchte ich dennoch sagen: Es ist mir eine große Freude, so viele Gäste auf Broch Glennbarr begrüßen zu dürfen. Esst und trinkt und lasst es euch wohl ergehen! Da ich eben schon gefragt worden bin: ja, wir können später sehr gerne einen Rundgang durch die Burg machen. Aber selbstverständlich.“
(Leanna Vialigh zu Beginn des Umtrunks 1. Ingerimm, abends)


„Als meine Familie den Broch bei ihrer Ernennung zum Edlengeschlecht bekommen hat, war er nichts weiter als eine Ruine, die als Schafstall genutzt wurde. Mein Haus hat ihn stetig zu einer kleinen Burg ausgebaut. Es steckt bereits viel Blut und Schweiß in diesen Mauern. Aber es ist unsere Heimstatt und ganz gleich wie klein sie ist, im Gegensatz zu umliegenden Burgen, meine ich, ist es doch der Ort, den ich mit keinem anderen tauschen möchte.“
(Leanna Vialigh mit Pathos. 1. Ingerimm, abends)


„Wir sagen hier einfach Holderbrand. Einen anderen Namen hat er nicht.“
(Leanna Vialigh auf die Frage hin, wie der Schnaps heißt, den sie hier brennen. 1. Ingerimm, abends)



Johril Dragentrutz Wappen haus dragentrutz.png und Arwulf ui Falwar Wappen haus falwar.png

„Ah, Wohlgeboren Falwar. Wie ich hörte seid ihr über Burg Heckendorn geritten. Wie stehen dieser Tage die Dinge im äußersten Nordosten von Gräflich Bredenhag? Wie geht es meinem alten Freund Jaran von Heckendorn?“
(Johril Dragentrutz, dem Angesprochenen einen Becher Holderbrand reichend und höflich nachfragend zu Arwulf ui Falwar, 1. Ingerimm, abends)


„Oh, Herr Johril, ihr seid wie immer gut unterrichtet. Trotz der entlegenen Lage Firunsschilfs versuche ich ebenfalls so gut es geht Kunde über gegenwärtige Begebenheiten Albernias zu erlangen. - In der Tat ritt ich bei Herrn Jaran vorbei. Er vermisst den jungen Herrn Callean etwas, machte er sich wohl als Page sehr gut. Ich hoffe er ist euch genauso eine Hilfe wie ihm? - Nochmals mein aufrichtiges Beileid wegen eures Schwagers Ardan. Eine wahrhaft tragische Sache...Gut, dass wir den geschätzten Holderbrand haben, vermag er die triste Stimmung doch etwas zu heben."
(Arwulf ui Falwar, den Becher wohlwollend annehmend und freundlich aber einfühlsam antwortend zu Johril Dragentrutz 1. Ingerimm, abends)


„Seid bedankt für Eure Anteilnahme und Euren aufrichtigen Zuspruch, Herr Arwulf. Wie ihr wisst, war Ardan Falkraun nicht nur mein Schwager, sondern auch mein Knappe und Freund. Sein Verlust wiegt schwer! Für seine Familie und auch für mich. Der junge Vialigh erinnert mich zusätzlich jeden Tag an ihn. So Rondra will, wird er eines Tages ein ebenso redlicher Recke. Womöglich nicht ein so treffsicherer Bogenschütze wie Euer Sohn Maglad, aber dafür ein behänder Schwertkämpfer wie seine Mutter Leanna. - Da wir beide am morgigen Tage den Gefallenen und Toten gedenken, frage ich mich gerade, ob auch ihr Anteil an der Heckenfehde hattet?“
(Johril Dragentrutz, mit ehrlichen Worten und einem flüchtigen Blick in die Innenseite seiner Schwurhand, in einer Unterredung mit Arwulf ui Falwar, 1. Ingerimm, abends)


"Nun, ich selbst und meine Familie waren leider - oder der Holden sei Dank, nicht direkt an jener Fehde beteiligt, auch wenn deren Auswirkungen bis zu uns nach Feenhain drangen... Als ich und mein jüngster Sohn Firudan gerade von einem nunja... Ausritt in die Ausläufer des Farindels wiederkehrten, wo wir der Holden ein Opfer aus Früchten, Kräutern, und ähnlichen Dingen darbrachten, war der ganze Streit schon an uns vorbeigezogen..."
(Arwulf ui Falwar, der etwas errötend und ausweichend in seinen Bart murmelt zu, zu Johril Dragentrutz 1. Ingerimm, abends)


„Wie mir scheint verstreicht die Zeit in Feenhain bedeutend langsamer als in den übrigen Heckenlanden. Womöglich liegt das ja an der Auswahl eurer Opfergaben!?“
(Johril Dragentrutz, mit gerunzelter Stirn und leisem Tonfall in einer Unterredung mit Arwulf ui Falwar, 1. Ingerimm, abends)


"Ihr scheint ja mit nandusgefälligem Wissen was die Gaben für Holde der Anderswelt anbelangt gesegnet zu sein, werter Johril. Ich freue mich, wenn ihr meinen unkundigen Geist erhellen mögt. Bin es ja nicht ich, der in direkter Nachbarschaft zum Farindel und darüber hinaus zum Bronnach Fair lebt."
(Arwulf ui Falwar, leise aber eindeutig ironisch und mit provokantem Unterton erwidernd, 1. Ingerimm, abends)


„Hahaha. Wenn dem nur so wäre. Dennoch überrascht mich Eure Antwort ein wenig, da ihr dann gute sechs Monde im Farindel verschwunden wäret. Aber sei es drum. Ich habe bislang noch niemanden getroffen, der seine Geheimnisse so offen vor sich ausgebreitet hätte!“
(Johril Dragentrutz, leise auflachend und dann wohlfeil zu Arwulf ui Falwar, 1. Ingerimm, abends)


"Ihr mögt es nicht wissen, aber vor ungefähr 12 Götterläufen verschwand meine Tochter Wiltruda am Rande des Farindels und ward seitdem nie mehr gesehen. Die Verbindung zum Farindelwald mag im Hause Falwar zwar aufgrund der Nähe eng und respektvoll sein, aber eben auch von Vorsicht geprägt. Zu sprichwörtlich anders sind die Feen der jenseitigen Welten, als dass sie unsere sterblichen Nöte verstehen könnten. So treibt mich das Nichtwissen um das Schicksal meiner Tochter immer wieder alleine oder seltener mit anderen Mitgliedern meiner Familie in den Wald hinein, in der Hoffnung sie eines Tages wiederzufinden, denn an ihren Gang zu Boron glaube ich nicht. Eher hat irgendein Feenwesen Freude an ihr gefunden, und ich kann nur hoffen dass es lichte Wesen waren, die der jungen Göttin wohlgefällig sind und keine dunklen, bösartigen Geschöpfe, von deren Wirken man in letzter Zeit wieder häufiger hört."
(Arwulf ui Falwar, versöhnlich und dabei melancholisch-hoffnungsvoll zu Johril Dragentrutz, 1. Ingerimm, abends)


„Das Schicksal eurer Tochter dauert mich, Herr Arwulf. Sicherlich war sie euer Augenstern! Auch wenn schon viele Jahre ins Land gegangen sind, tut ihr gut daran, die Hoffnung nicht aufzugeben!“
(Johril Dragentrutz, anteilnehmend zu Arwulf ui Falwar, 1. Ingerimm, abends)


Caran von Krähenfels Wappen haus kraehenfels.png und Leanna Vialigh Wappen haus vialigh.png

„Ifirngund ist übrigens ein sehr hübscher Name für die zukünftige Herrin von Krähenfels. Ifirn, die milde Tochter des Herr Firun. Die Schwanengleiche … Eure Frau Mutter muss entzückt sein, nun ein Enkelkind zu haben. Ich selbst werde darauf leider noch warten müssen, wie mir scheint.“
(Leanna Vialigh mit dem Anflug von Wehmut oder Neid, an Caran von Krähenfels gerichtet, 1. Ingerimm, abends)


„Sicherlich habt Ihr längst einen gestandenen Recken für Talwen im Auge!?“
(Caran von Krähenfels, nachfragend zu Leanna Vialigh, 1. Ingerimm, abends)


„Ich sehe es als glücklichen Umstand an, dank guter Gespräche eine kleine Auswahl haben zu dürfen. Doch bislang habe ich mich noch nicht festgelegt.“
(Leanna Vialigh, anderes offen lassend, an Caran von Krähenfels gerichtet, 1. Ingerimm abends)


„Womöglich könnte es auch Talwen interessieren, welche edlen Recken ihr für die Weiterführung eurer Blutlinie in Betracht zieht!?“
(Caran von Krähenfels gleichmütig zu, Leanna Vialigh, 1. Ingerimm abends)


„Meine Tochter interessiert sich bedauerlicherweise nicht für derlei Dinge. Namen zu nennen brächte daher nichts. Ich bin allerdings zuversichtlich, dass es mir auch ohne ihr Zutun gelingen wird, einen geeigneten Mann für sie auszuwählen.“
(Leanna Vialigh zuerst seufzend, dann zuversichtlich, auf die Bemerkung von Caran von Krähenfels hin, 1. Ingerimm abends)


Sinjer Albarung Wappen haus Albarung.png und Ioric von Krähenfels Wappen haus kraehenfels.png

„Herr Ioric, aus euren Augen spricht eine gewisse innere Unruhe. Liegt es an der eisigen Begrüßung der Gastgeberin?“
(Sinjer Albarung, bei einem Becher Holderbrand mit Ioric von Krähenfels, 1. Ingerimm, abends)


„Nein, ich nehme keinen Anstoß an der Begrüßung durch die Frau Leanna. Verzeiht, Wohlgeboren. Ich habe wohl zugelassen, dass meine Gedanken meine Aufmerksamkeit trüben.“
(Ioric von Krähenfels, ertappt, zu Sinjer Albarung 1. Ingerimm, abends)


Travialyn Vialigh Wappen haus vialigh.png und Seine Gnaden Dilleachdan ui Geadh Geweiht

„Euer Gnaden, es tut Tommeldomm gut, dass sich wieder ein Geweihter der Pflege der Sitten Unserer lieben Frau Travia angenommen hat. Sagt, wie ist es Eurer Meinung nach um die Ehrfurcht der Tommeldommer bestellt?“

"Die Menschen in Tommeldomm haben mich freundlich willkommen geheißen und gern in ihre Mitte aufgenommen. Sie haben es mir leicht gemacht, mich in meiner neuen Heimat ganz wie zuhause zu fühlen. Und darauf kommt es doch am meisten an.“

„Sicherlich. Etliche Mitglieder des Adels - und so auch Teile der Gemeinen, wie ich meine - verehren hier zulande ja zuvorderst den Grimmigen Herrn Firun. Dem ist auch generell nichts entgegenzusetzen, doch Heim und Herd ist dem Weißen eben nicht so wichtig. Denkt ihr trotzdem, dass sich jemand der Damen und Herren Wohlgeborenen dazu entschließen könnte, auf kurz oder lang ein Haus für die Herrin zu stiften? Und wenn man euch fragen würde: wie sollte dieses aussehen, habt ihr Vorstellungen hierfür?“

"Ich habe tatsächlich in Tommeldomm das erste Mal einen Tempel des Firun besucht und dort nach seiner Art gebetet, in Honingen gibt es kein Haus für ihn. Und ich habe eingehende Gespräche mit Ihrer Gnaden Firuwen Ildborn geführt, bevor sie viel zu zeitig in seine Hallen gerufen wurde. Die Zwölfe wohnen gemeinsam in Alveran. Wer den Grimmen Jäger ehrt, weiß die Gastlichkeit der Herdmutter womöglich erst recht zu schätzen. - Und meine Vorstellungen? Es soll ein Haus sein mit einem schützenden Dach, einer offenen Tür, einem wärmenden Feuer und einer gedeckten Tafel."

„Zweifelsohne. Ich meinte allerdings, ob ihr ein Fachwerkgebäude oder eines aus Stein wollen würdet. Ob ihr ein Waisenhaus anbauen wollt oder eine Unterkunft für die Siechenden und Armen. Umso mehr Spenden werdet ihr benötigen.“

"Die Frierenden wärmt auch schon das kleinste Feuer. Und die Gütige fühlt sich auch in einem bescheidenen Hause wohl. Wenn der Bau erst einmal begonnen ist, wird sich alles weitere fügen. So habt Ihr es doch mit Eurer Heimstatt hier auch gehalten. - Aber ein Waisenhaus oder ein Heim für die Siechen und die Armen will ich nicht bauen müssen - wir sind nicht in Honingen oder gar in Rommilys: in Tommeldomm und Albenau kennen die Menschen einander noch; ich will bestenfalls dabei helfen, dass sie füreinander sorgen können."

„Euer Name lässt mich darauf schließen, dass es Mutter Travia war, die euch ein Heim bot, als ihr eines benötigtet. Besitzt ihr Wissen über eure Herkunft? Stammt ihr denn aus dieser Region der Heckenlande?“

"Weder das eine noch das andere. Ich bin als Findelkind in den Tempel zu Honingen gelangt und von Vater Travin Nosfolk aufgenommen worden. Mehr weiß ich darüber nicht, also bin ich ein Sohn der Gans."

„Ah, interessant. Darf ich fragen, wie alt Ihr seid, euer Gnaden? Ihr macht auf mich einen sehr jungen Eindruck.“

"Ihr dürft. Im vergangenen Travia habe ich den vierten Jahrestag meiner Weihe und meinen dreiundzwanzigsten Tsatag gefeiert. Wobei letzteres das Datum ist, das Vater Travin für mich in die Tempelchronik geschrieben hat."

„Meine Nichte erwähnte, dass ihr am morgigen Tage eine Andacht zu Ehren der Gefallenen halten werdet. Sehr gut. Es war die richtige Entscheidung, euch hierfür nach Unkengrund zu laden, finde ich. Denn diesen Landen fehlt es an Milde und Treue - das hat nicht zuletzt diese schreckliche Fehde gezeigt, oder etwa nicht? Fehden sind, wie der Krieg, ein Frevel an Travia, wie ich finde. Allein wie viele götterfürchtige Unkengrunder Familien damals in bitteres Leid und Tränen gestürzt worden waren, entsetzt mich noch immer. Ich gehe doch davon aus, dass ihr den Anwesenden ordentlich ins Gewissen reden werdet! Nach allem, was ich bisher über die Gefahren der Anderswelt hörte, könnte es wahrlich nicht schaden, wenn sich die Heckenlande zusammenraufen.“

„Da tretet Ihr bei mir durch eine offene Tür. Ich möchte ebenso wie Ihr, dass die Menschen in meiner neuen Heimat sich miteinander versöhnen und so den Gefahren von außen trotzen.“

„Ich trage mich tatsächlich mit Sorge um die Zukunft Unkengrunds, die darin begründet ist, dass die Erbin unseres Hauses, meiner Großnichte Talwen, sich bislang dem Gedanken an einen Traviabund verwehrt. Dabei ist solch einer doch für ein kleines Haus wie es Vialigh nun immer noch ist, mehr als notwendig! Aber das Mädchen hat anderes im Sinn, wie ich immer nur erfahren muss. Vielleicht könnt ihr ja mal mit ihr sprechen, was meint ihr?“

"Ich meine, dass ich mit ihr sprechen kann. Sie hat gewiss auf ihre Art ebenfalls das Beste für ihre Familie im Sinn."

„Oh, das bezweifle ich doch sehr. Aber hilfreich wird es sein, wenn ihr auf sie einwirkt. Möglicherweise schafft euer Wort, was unseres nicht vermag. … Sagt, als Diener der Herrin von Familie und Heim werdet ihr euch doch sicherlich schon mit dem Gedanken an eine eigene Ehe getragen haben?“

"Das habe ich in der Tat. Aber ich habe es nicht beim Gedanken belassen. Am vierten Jahrestag meiner Weihe im vergangenen Travia haben wir die Verlobung gefeiert, und wenn ich im kommenden Traviamond meinen vierjährigen Dienst in Tommeldomm begehe, werde ich das als richtiger Geweihter tun."

„Meinen Glückwunsch! Und ich wünsche euch von Herzen, dass Ihr mit eurer Gattin ein langes erfülltes und von nur wenigen Verlusten gezeichnetes Leben führen könnt! Wisst ihr, ich habe meinen geliebten Gatten durch Firun, meinen einzigen Bruder durch den Orken, meinen Erstgeborenen durch Rondra, zwei Schwiegersöhne durch Bruderfeind, einen weiteren Sohn beinahe durch falschen Eigensinn und kürzlich erst meinen Enkel und Erben bei einem simplen Ritterspiel verloren. Ich mag daher womöglich ein verbittertes altes Herz haben, doch es schlägt für die Familie. Die, die mir noch blieb! Ich erhoffe mir sehr bald einen Urenkel von meiner lieben Enkelin Veriya, welcher dann die klaffende fühlt, die das Ableben so vieler meiner Lieben und, nun, letztlich auch das Alter geschaffen haben.“

„Ich danke Euch von Herzen. Und ich hoffe, dass meine Gattin und ich dereinst vor unseren Kindern sterben werden, wie es sich die Gütige Mutter beim Gevatter Boron auserbeten hat."

Turon Taladan Wappen haus taladan.png und Lûran Falkraun Wappen haus falkraun.png

„Lûran, gibt es Neuigkeiten aus der Heimat?“
(Turon Taladan, mit fragendem Blick zu seinem langjährigen Waffenbruder und Lehnsvogt von Draustein, Lûran Falkraun, 1. Ingerimm, abends)


„Allerlei bewaffnetes Gesindel treibt sein Unwesen im Grenzland zwischen Abagund und Crumold. Euer Sohn, Mardred, sah dies mit Besorgnis und befindet sich momentan auf Jasalintir um die nördliche Grenze Drausteins zu sichern und den Umtrieben dieses Abschaums Einhalt zu gebieten. Sie scheinen ihre Überfälle sehr bedacht und geordnet durchzuführen. Es könnte sich um desertierte Soldaten oder ehemalige Söldner handeln. Unsere Getreuen berichten auch von einem seltsamen, blau gekleideten Reiter, der immer wieder in Erscheinung tritt. Vermutlich der Kopf des Ganzen. Ich vermute, es gibt noch immer blaue Füchse in unseren Wäldern.“
(Lûran Falkraun, mit ernstem Blick, gewandt an seinen Waffenbruder und Kanzler von Bredenhag, Turon Taladan, 1. Ingerimm, abends)


„Dann bestätigt sich wohl das düstere Geraune, das auch wir auf Burg Bredenhag vernommen haben. Desertierte Soldaten? Mir ist nicht bekannt, woher die so plötzlich kommen sollten und die meisten Blauen Füchse sind vor Jahren an der Seite von Albor von Hohenfels in Honingen ums Leben gekommen. Aber dir brauche ich das wahrlich nicht zu sagen, Lûran. Ein blauer Reiter also, oder womöglich ein Streiter mit blauen Augen, oder einem blauen Mantel? Im schlimmsten Fall sind es Renegaten, die sich im Krieg zu weit von der praiosbefohlenen Ordnung entfernt haben und nun nicht mehr in den Wäldern Honingens, sondern im Abagund ihr Unwesen treiben. Bestenfalls sind es liederliche Halsabschneider, die ihre niederen Triebe hinter einem vordergründig präsentierten Symbol zu verbergen suchen. Aber sag, gab es bislang einen Überfall auf der Krume Drausteins?“
(Turon Taladan, nachdenklich zu seinem Waffenbruder und Lehnsvogt von Draustein, Lûran Falkraun, 1. Ingerimm, abends)


„Nein, nichts dergleichen ist bisher an mich herangetragen worden. Diese Halsabschneider tun gut daran, nicht Katz und Maus mit Eurem Sohn Mardred zu spielen. Er hat ein wachsames Auge auf das Grenzgebiet und wird jedwede Übergriffe vereiteln. Nichts desto trotz, sollten wir diesbezüglich den Rat einberufen und unser weiteres Handeln besprechen.“
(Lûran Falkraun, seinen Kelch zum Anstoß mit seinem Waffenbruder und Kanzler von Bredenhag, Turon Taladan, erhebend 1. Ingerimm, abends)


„Dann will ich hoffen, dass Mardred dich nicht enttäuscht. Arlan will übrigens zum Tag des Blutes in Draustein sein. Da böte sich eine gute Gelegenheit für eine entsprechende Versammlung! Andernfalls wird er erst wieder vor dem Treffen der Besten auf Burg Draustein weilen.“
(Turon Taladan, mit einem Stoß zum Kelch seines Waffenbruders, des Lehnsvogts von Draustein, Lûran Falkraun, 1. Ingerimm, abends)


„Ja, ich hatte Arlan bereits vor der Hochzeit auf dem Leuwenstein über diese Vorkommnisse in Kenntnis gesetzt. Ich werde ihm heute noch den Vorschlag unterbreiten, den Rat vor dem Tag des Blutes zu versammeln.“
(Lûran Falkraun, seinem Waffenbruder und Kanzler von Wallersrain, Turon Taladan, zustimmend 1. Ingerimm, abends)


Während des Rundgangs durch die Burg

Zitate Leanna Vialigh Wappen haus vialigh.png

„Broch Glennbar war seit jeher Teil einer Verteidigungslinie aus einfachen Wehrtürmen, die in den alten Zeiten die Grenzlande geschützt haben und die immer auch eine Verbindung zueinander hatten, um sich im Notfall miteinander verständigen zu können. Daher liegt Glennbarr in Sichtweite von Graugard - das ist hier drüben auf der Insel im Gemhar - und Burg Nyallin, dorten. Und deswegen halten wir hier auch immer alles für ein Warnfeuer vor.“
(Leanna Vialigh über den taktischen Hintergrund des Brochs 1. Ingerimm, abends)


„Vom oben hat man eine fantastische Sicht über den Gemhar einerseits, aber auch über den Wachholderweg. Bei gutem Wetter kann man bis zu Burg Krähenfels und dem nahen Saum des Flüsterwalds schauen, oder in die Baronie Aiwiallsfest hinein und über die Ausläufer des Farindels hinweg.“
(Leanna Vialigh stolz, bei der Führung durch den Broch und hinsichtlich der Aussicht vom Turm 1. Ingerimm, abends)


„Sie heißt Jarwa. Ich bilde sie für die Beizjagd auf Fische und Flussvögel aus. - Warum Adler? Ich fürchte die Liebe zu Großvögeln haben ich wohl von meinem Vater in die Wiege gelegt bekommen. Auch er hielt sich schon Adler hier.“
(Leanna Vialigh, über ihr junges Adlerweibchen, das sie ihren Gästen präsentiert, oben in der Falknerey im Turm 1. Ingerimm, abends)


„Bedauerlicherweise wurden die letzten beiden Tiere, die ich besaß, bei der Eroberung des Brochs erschlagen.“
(Leanna Vialigh, bitter, oben in der Falknerey im Turm 1. Ingerimm, abends)


„Riondara, sei so nett und hol die Sammlung mit den hübschen langen Federn aus der Kammer! Ich möchte gern jedem der Kinder eine davon schenken. Schon mein Vater war der Meinung, so eine Feder im Bettchen bräuchte Glück.“
(Leanna Vialigh zu ihrer Knappin und dann freundlich an Sinjer Albarung, Caran von Krähenfels und Rondirai Mardhur gerichtet. 1. Ingerimm, abends)


Ioric von Krähenfels Wappen haus kraehenfels.png und Talwen Vialigh Wappen haus vialigh.png (Aal und Krähe)

Im Verlauf des Abends hatte Talwen sich am Rande der Festgesellschaft gehalten, um ihrer geschäftigen Mutter nicht im Weg zu sein. Letztlich aber auch deswegen, weil sie nicht in deren Blickfeld geraten wollte. Es war nicht auszuschließen, dass ihre Mutter sie sonst zu Gesprächen nötigte. Immer wieder hatte ihr Blick Ioric von Krähenfels gestreift - dem, mit dem sie sich freundlich unterhalten sollte, wenn es nach ihrer Mutter ging. Doch bis auf eine oberflächliche Grußformel war noch kein persönliches Wort zwischen ihnen gefallen. Dabei war Freude in ihr aufgekeimt, als sie erfuhr, dass er tatsächlich den Weg nach Unkengrund gefunden hatte, und nicht etwa Ärgernis, wie ihre Mutter das von ihr erwartete.

Nun, da ihre Mutter etliche der Gäste entführt hatte, um ihnen den Broch zu zeigen, ergriff Talwen die Gelegenheit, nahm ihren Becher und näherte sich dem Haushofmeister Eichengrunds, denn er saß allein am Tisch. Auch die Tischnachbarn Talwens waren dem Ruf zu einem Rundgang gefolgt. Weswegen es nur höflich erschien, wenn sie sich um den alleingelassenen Gast kümmerte. Sie kam sich fast ein wenig verrucht vor, weil niemand ahnte, dass dieser Gang sie weniger Mühe kostete, als gedacht.

Ihr Räuspern war überflüssig, weil der Krähenfels bereits gesehen haben musste, dass sie sich erhob, um in seine Richtung zu gehen. Doch sie wählte die unverfängliche Art der Kontaktaufnahme bewusst - wegen all der Augen, die ihre Annäherung mitverfolgten, und davon gab es immer noch reichlich. Sie vermied es, selbstbeherrscht, dabei mehr als der Höflichkeit wegen zu lächeln. Sogar das Haar hatte sie zuvor neu gebunden und den Wappenrock mit dem aufgestickten Aal-Wappen ihres Hauses glattgestrichen. Sie wollte sich nicht nachsagen lassen, dass sie nicht gewillt sei, sich wenigstens um gastwirtliche Geselligkeit zu bemühen.

„Farindel und Mutter Travia mit euch, Herr Ioric,“ sprach Talwen den Ritter an, als sie in gebührendem Abstand neben ihm zum Stehen kam. Sie trug nicht das übliche Heckenreiter-Grün, sondern die Farben ihres Hauses. Und eine neue Schramme auf einer Wange, die noch nicht alt schien. „Ihr hattet keine Lust, euch den Broch anzusehen?“ Auf ihren Lippen zeigte sich ein recht gemauertes schmales Lächeln, während in ihren Augen etwas stand, was über ihre distanzierte Haltung hinausreichte. Was aber auch nur Ioric wahrnehmen konnte.

Ioric von Krähenfels sah von seinem Getränk auf, wobei er den Blick an der Erbin von Unkengrund hinauf gleiten ließ, ehe er dem ihren begegnete. Für einen Augenblick war eine Andeutung eines Lächelns in seinem Mundwinkel zu erahnen, ehe er einen geübt unverbindlichen Ausdruck annahm. “Die Zwölfe mit euch, Frau Talwen.” Ioric trug keinen Wappenrock, sondern bloß einen schwarzen Gambeson, ein auf dem ersten Blick schlichtes Kleidungsstück, welches man erst auf den zweiten Blick als ein eher repräsentatives, denn funktionales Gewand erkannte, mit aufwändigen Ziernähten und einem ausgestellten Kragen. “Ich hielt es für unhöflich, eurer Frau Mutter diesen Gang durch meine Präsenz zu verleiden, sie ist bemüht genug allen eine gute Gastgeberin zu sein.”, antwortete er ungerührt auf Talwens Frage.

Die junge Ritterin nickte verstehend.

Dann senkte sich der Blick des Krähenfelsers auf den Becher in seiner Hand. “Darf ich euch einladen, einen Becher mit mir zu teilen? Ist kein Mhôrnoch, aber…” Ioric endete seinen Satz mit einem leisen Schmunzeln.

“Ihr dürft.“ antwortete Talwen. Sie hatte noch eine heitere Bemerkung zu unsinnig in Hälfte geschnittenen Bechern im Sinn, besann sich aber, den Schein zu wahren. „Es könnte jedoch seltsam wirken, sprächet ihr Einladungen aus, über etwas, was nicht euer Eigen ist,” fuhr sie alsdann fort und noch während sie ihren wahrscheinlich nicht ganz ernst gemeinten Tadel von sich gab - denn immerhin verzog sich ihr Mund belustigt ob des feinen Übertritts der Grenze zur Unverschämtheit - beugte sie sich über den Tisch, griff nach einem der bereit stehenden Krüge und setzte sich dann mit diesem und einem pragmatischen „Ihr erlaubt doch?“ auf jenen freien Stuhl zu Iorics Seite, auf dem vorhin die Junkerin von Eichengrund gesessen hatte. Ihren eigenen Becher stellte sie vor sich ab, um die Hand nach seinem auszustrecken. “Wenn, dann ist es doch an mir, euch zu bewirten, weil ihr ein Gast meiner Mutter und Unkengrunds seid, und damit meines Hauses. Ich werde mich bemühen, euch ebenfalls ein guter Gastgeber zu sein. Also reicht mir euren Becher, hoher Herr!“

Ioric machte eine einladende Geste und schob Talwen seinen Becher entgegen. Für Ihren Tadel hatte er nicht mehr als eine gehobene Braue übrig. “Habt Dank, Hohe Dame...", gab er dann zurück, als der den wieder gefüllten Becher ergriff. “Wie ergeht es eurer edlen Queste?”

„Welcher?“ Sie füllte sich ihren eigenen Becher auf und nahm im Augenwinkel wahr, wie ihre Anverwandte Meriwen neugierig an einem der nahen Tische vorbeiging, das lenkte die Vialigh für einen kurzen Moment ab. „Achso diese Queste,“ fand sie im nächsten Augenblick zurück, „genau genommen ist es gar nicht meine, wie ihr wisst.“ Ihr Blick wurde ernst. „Aber was soll ich sagen, das Gewitter zieht auf und immer neue erste Tropfen fallen. Es wächst die Sorge vor einem sehr starken Regen, der die Flüsse über die Ufer treten lassen wird. - Wie macht sich eure?“

Ioric lächelte. “Ihr meint mein Interesse für Dinge, die mich nichts angehen?” Langsam drehte er den Becher in der Hand.

Talwen lachte auf. „Glaubt mir, diese Dinge werden irgendwann alle angehen. Nein, meine Frage bezog sich eigentlich auf eure, hm, …Studien.“ Beim letzten Wort neigte sie sich ihm in Andeutung ein klein wenig zu. Allerdings nur so weit, dass es für Außenstehende noch distanziert genug aussah.

Das kurze Blitzen in den Augen des Krähenfelsers zeigte, dass ihm die Anspielung und die Änderung in ihrer Haltung nicht entgangen waren. “Ich muss euch leider vermelden, dass sie zumeist wenig zufriedenstellende Früchte tragen.” Er musterte sie aufmerksam und lächelte flüchtig. “Ich bin mir sicher, es gibt spannenderes als die Dinge, denen ich mich in kalten Winternächten in meiner Kammer widme.”

“Ah, ich glaube zu wissen, was ihr mit ‘wenig zufriedenstellend’ meint. Ihr konntet die Gewohnheit, zu jammern, noch nicht ablegen, obwohl ihr es vorhattet.” Die Vialigh nickte verstehend, ehe sie mit den Schultern zuckte. ”Ich kann leider nicht beurteilen, ob das, was Ihr in eurer warmen Kammer erleiden musstet, mit den Dingen, die ich und die meinen draußen in der verschneiten Flur erlebten, buhlen kann.” Dann sah sie gespielt nachdenklich drein. “Hm, möglicherweise nehmt ihr euer Studium nicht ernst genug, könnte das vielleicht sein?” Für alle Außenstehenden die Unwissende zu spielen, fiel ihr leicht.

Ioric suchte ihren Blick und hielt ihn für einen Herzschlag, ehe er grinste. “Nun, es ist nunmal nicht jedem gegeben, im beißenden Firnfrost mit den Schrecken der Anderswelt zu ringen. Da verstehe ich, dass euch anderes wenig ernsthaft erscheint.” Er machte eine unbestimmte Handbewegung mit der freien Hand. “Seid versichert, ich begegne derlei Zeitvertreib mit dem gebührenden Ernst.” Ioric hob sein Getränk, sah sie herausfordernd an. “Sicherlich habt ihr etwas zu berichten, auf das es sich lohnt, den Becher zu erheben? Eine erschlagene Monstrosität - ein Recke, der sich schon bald an euch bindet?”

Während sie dem Blick des Ritters bei seinen Worten ungerührt standhielt, entging ihm nicht, dass sich ihre Stirn bei seiner letzten Frage für einen Bruchteil eines Augenblicks zusammenschob. Am Ende tat sie es Ioric gleich und hob ihren Becher. „Auf eines davon könnte ich tatsächlich mit euch trinken, Herr Ioric. Aber warum trinken wir nicht auf, hm, sagen wir, den Zeitvertreib? Es gibt ja doch hin und wieder Dinge, mit denen wir uns die Zeit vertreiben, und die uns erfüllen, ganz gleich, wo wir sind. Was haltet ihr davon?“

Bei ihren Worten musste der Krähenfelser Dienstritter schmunzeln: “Sehr weise von euch. Also dann: Auf Zeit, gefüllt mit was uns Freude oder Nutzen bringt.” Er setzte an, suchte ihren Blick und lächelte, ehe er seinen Schnaps stürzte.

Als er den Becher senkte, bemerkte er, dass sie ihn mit einem feinen Schmunzeln auf den aufeinander gepressten Lippen und den Kopf leicht schief gelegt ansah. „Und wieder einmal habt ihr mir ein Kompliment gemacht, Herr Ioric. Danke. Doch wiederholt das lieber nicht zu oft.“

Ioric senkte den Blick für einen kurzen Moment. “Was hätte ich denn zu fürchten, wenn ich das täte?”, fragte er leise, bemüht, nach außen einen neutralen Ausdruck zu wahren.

Talwen trank einen Schluck, ehe sie antwortete. „Naja. Man könnte sonst meinen, es bräuchte nur Alkohol, um unsere Differenzen zu schmelzen. Aber, das wäre ja absurd.“ konstatierte sie in dem Wissen darum, wie nah ihre Worte der Wahrheit doch kamen. Äußerlich behielt auch sie die höfliche Distanz bei. Bemüht, den zuvorkommenden Gastgeber zu mimen, den man von ihr erwartete, zog sie den Krug noch einmal heran und bot ihn feil. „Darf ich euch noch einmal nachschenken, Herr Ioric? Ihr stürztet euer Getränk ja geradewegs hinab, so man meinen könnte, dass ihr hier schnell wieder weg wölltet.“ Ein leises Lachen begleitet ihre Worte. „Dabei habt ihr euch doch noch nicht einmal unsere neu erstandene Heimstatt angesehen.“

Mit einem dünnen Lächeln schob Ioric erneut den Becher in Richtung des angebotenen Kruges. “Ihr habt Recht. Wäret ihr bereit, mir eure Heimstatt zu zeigen? Eure Sicht darauf ist eine, die mich zugegebenermaßen deutlich mehr interessiert als die eurer wohlgeborenen Frau Mutter.”

“Wirklich, ihr wollt darauf verzichten, zu erfahren, bis zu welchen Mauern der Broch niederbrannte, welche Decken einstürzten, welche Wände noch heute das Flammenschwarz tragen und was der ganze Aufbau gekostet hat?“ fragte Talwen belustigt, während sie nachschenkte und ihn im Augenwinkel musterte. „Doch wenn ihr wünscht, dass ich es bin, die euch herumführt, kann ich mich dem schlecht entsagen. Immerhin seid ihr ein Gast.” Mit einer angedeuteten Verbeugung reichte sie dem Krähenfelser sein Trinkgefäß. „Verlangt aber bitte nicht, dass ich in die Einzelheiten gehe.“

Ioric nahm den Becher entgegen und hob ihn grüßend, ehe er an ihm nippte. “Ich wäre ein schlechter Gast, wenn mein Wunsch euch von euren Pflichten abhielte - oder zu etwas drängte das ihr nicht könnt oder wollt.” Er lächelte.

“Seid unbesorgt. Ihr wisst doch, wie das mit den Pflichten gegenüber der Familie ist. Man folgt so manchem Befehl. Das solltet ihr von eurem letzten Besuch auf Unkengrund doch noch wissen,” entgegnete Talwen mit jener spitzen Zunge, wie er sie mittlerweile von ihr kannte. Ob sie es tat, um seiner Erwartung gerecht zu werden oder der von anderen, konnte Ioric nicht genau sagen.

Er quittierte ihre Bemerkung mit einem schmallippigen Nicken.

Talwen drehte den Kopf und musterte den Haushofmeister Eichengrunds. „Doch ich wäre ein schlechter Gastgeber, würde ich euch nicht ebenso anbieten, dass ihr den Rundgang auch ablehnen könnt, wenn ihr durch unsere Vergangenheit ein gewisses… Unbehagen… bei eurem Hiersein empfindet. Ich weiß ja nicht, spürt ihr so etwas in euch?“

„Nein.” Ioric sah sie lange an. “Unsere Vergangenheit bereitet mir kein Unbehagen.” Sein Blick verweilte auf der jungen Vialigh, während er ein weiteres Mal trank. Erst als er wieder absetzte, senkte er auch den Blick. “Ich werde ein wenig an die frische Luft gehen. Eure Gesellschaft wäre mir Recht - wenn ihr die Zeit erübrigen könnt.”

„Ich denke, es spricht nichts dagegen. Immerhin ist es meine Aufgabe, mich um die Gäste zu kümmern,“ erklärte sie lapidar, trank aus und stand dann auf. Sie wartete, bis der Vetter Carans sich ihr anschloss. Dabei warf sie einen aufmerksamen Blick durch den Raum, fand Augen, die ihren Aufbruch mitverfolgten, nahm sich allerdings vor, sich nicht daran zu stören, und deutete dann zuvorkommend zum Ausgang des Saales.

Die Treppe nach unten war kurz. Der Saal, in dem die Edle den Umtrunk ausrichtete, lag noch im gemauerten Teil des Palas, aus welchem ein Portal hinaus in einen kleinen Hof führte. Um diesen schmiegte sich in einer geschwungenen Rundung eine hohe Umfassungsmauer mit aufgepfropftem Wehrgang, die an der kurzen Seite des Palas begann, in einem Bogen eine Linkskurve beschrieb und dann parallel zu Palas und Turm verlief, um hinter dem Turm in einem Tor zu enden, durch das man überhaupt erst in die kleine Burg gelangte. Ein Torbogen mit dickem Holzflügeln teilte den so entstandenen Raum zwischen Mauer und Gebäuden in zwei Teile. In den kleineren davon traten die beiden Ritter nun. Die beiden Flügeltüren des mittleren Tores standen dem Anlass entsprechend offen. Blumenschmuck, in den blaue, weiße und rote Bänder geflochten waren, schmückten den spitzbogigen Durchgang, ebenso das Portal in den Palas. Feuerkörbe brannten bereits und drängten die noch junge Dunkelheit zurück. In dem kleinen Hof gab es neben einem Brunnenschacht und einigen Pflanzkübeln mit Blumen auch eine Holzbank, die an der Innenseite der Umfassungsmauer lehnte. Vor dem Brand hatte sich hier Efeu in nach oben gehangelt, in welchem sich etliche Vogelnester befanden. Es war ein lauschiges Plätzchen gewesen mit viel Gezwitscher - das wusste allerdings nur Talwen. Heute war die Rankepflanze verschwunden, die Wand kahl, lediglich verputzt.

Talwen peilte die Holzbank an, um sich mit einem Seufzen darauf niederzulassen. Lässig legte sie ein Bein angewinkelt über das andere und die Ellbogen auf der Lehne ab. Anschließend ließ sie den Blick schweifen über die offenstehenden Fenster des Festsaals. Gesprächsfetzen drangen hinaus, doch folgten ihnen - zumindest gerade eben - keine neugierigen Augen.

Ioric ließ sich etwas steif und in sittsamem Abstand zur Erbin von Unkengrund nieder. Für einen Moment war er still, ließ ebenfalls seinen Blick wandern und strich seine Kleidung glatt. “Ich bin neugierig -”, brach er dann leise das Schweigen, den Kopf immer noch zum Palas gewandt,“ - habt ihr erwartet, mich hier wiederzusehen?”

Sie hatte diese Frage erwartet. „Ja und nein,“ antwortete Talwen wahrheitsgemäß, das Augenmerk ebenfalls noch auf die drei Fenster gerichtet. „Es freut mich aber, dass ihr den Mut hattet, herzukommen. Doch ich bin ebenfalls neugierig,“ dabei drehte sie Kopf und Körper in Richtung ihres Gastes und sah ihn interessiert an. „Hat mein Knappenbruder hier ein Wort gesprochen oder seid ihr lediglich als Bedeckung der Familie eures Dienstherrn hier?“ Dass vielleicht auch ihr beider Briefverkehr hier etwas dazu beigetragen haben könnte, ließ sie erwartungsgemäß unerwähnt.

Ioric wandte den Kopf und begegnete ihrem Blick. “Natürlich wäre ich nicht hier gegen den Willen meines Familienoberhaupts.” -

“Natürlich nicht.” -

“Und meinen Dienst an dem Haus Aldewen und der Frau Sinjer nehme ich sehr ernst.” -

“Aber ja doch.”

Er lächelte geheimnisvoll, auch wegen ihrer Einwürfe. ”Aber es gehören eine Menge Zufälle dazu, mich ausgerechnet dieser Tage hierher zu bringen, meint ihr nicht auch?”

„Was auch immer es letztlich war, was euch hergeführt hat - es hat wohl so sein sollen.“ gab sie ihm ebenso geheimnisvoll als Antwort, bevor sie auflachte. „Hättet ihr es letztes Jahr um diese Zeit für möglich gehalten, hier zu sitzen, als Gast? Ich glaube, wir brauchen uns nichts vormachen. Gäbe es die Einladung meiner Mutter zum morgigen Festakt nicht, hätte euch euer Weg auch bestimmt die nächsten sechs Götterläufe nicht hierher geführt. Nicht wahr?”

Ioric lächelte ebenfalls, machte eine abwehrende Geste. “Wohl nicht. Ein sonderlich wohl gelittener Gast bin ich heute auch nicht.” Er lachte kurz. “Aber eure Mutter ist zu klug, um ihre Abneigung ihre Handlungen diktieren zu lassen. Der Anschein einer großmütigen Geste nutzt ihr mehr, als es eine Zurückweisung täte.” Ioric hielt kurz inne, dann wandte er sich wieder ab. “Trotzdem wäre ich wohl nicht hier, wenn mich alle mit ihren Augen sehen würden.” Ein kurzes, bitteres Lächeln huschte über sein Gesicht. “Auch, wenn es wohl die meisten tun.”

„Sind es nicht immer die großmütigen Gesten, die uns voranbringen?“ philosophierte Talwen überdies vor sich hin und zählte auf, was sie darunter verstand: „Hier mal ein Glas Mhornoch, dort mal eine Gabe für die Schreibstubenarbeit, oder ein Säckel mit Münzen…“ Ihre Mundwinkel zuckten. „Nehmt es den Menschen nicht übel, Herr Ioric, den allermeisten seid ihr als derjenige bekannt, der den Befehl eurer Tante in die Tat umsetzte und den Verrat, den sie plante, beging. Die wenigsten von ihnen wissen, wie es ist, in ein Kellerloch gesperrt zu sein - oder in die Schreibstube einer Burg.“

Ioric warf ihr einen Seitenblick zu, dann lachte er - kurz, aber herzlich. “Niemals würde ich es wagen, eine Gefangenschaft mit der Tätigkeit in einer Schreibstube gleichzusetzen." Dann wurde er wieder ernst und sah sie für eine Handvoll Herzschläge an, ehe er leise fortfuhr. “Freundlich von euch, dass ihr die Gesten nicht vergessen habt. Das bedeutet mir mehr, als das Urteil anderer zu meinen Taten vor 6 Götterläufen.” Ohne ihr Zeit für eine Antwort zu geben, wechselte er das Thema, fuhr im Plauderton fort. “Ein hübsches Plätzchen habt ihr hier ausgesucht, wenn auch ein wenig… exponiert.” Er grinste.”Hat man euch aufgetragen, mir mit der Herrin Travia genehmer Gastfreundlichkeit zu begegnen?”

„Würdet ihr euch zurückgesetzt fühlen, wenn ich sagen würde, dass ich nur der Pflicht wegen hier mit euch sitze und plaudere?“ antwortete sie ungerührt mit einer Gegenfrage und lächelte kühn.

Ioric schmunzelte. “Nein, ganz und gar nicht.” Er suchte ihren Blick, ehe er hinzufügte: “Ein wenig enttäuscht, vielleicht.”

„Enttäuscht? Ich verstehe nicht. Dazu besteht doch kein Anlass,“ spielte sie die Ahnungslose. Zuerst hielt Talwen seinen Blick noch, sie brach ihn aber, um sich im nächsten Moment auf die Schenkel zu klopfen, und dann mit erwachtem Eifer aufzustehen. „Na schön, Herr Ioric, ich entnehme euren Worten, dass Ihr euch eigentlich lieber gerne den Broch ansehen wollt, statt mit mir hier herumzusitzen.“ brummte sie affektiert, damit niemand merkte, dass sie froh war, nicht mehr unter den Augen der Öffentlichkeit verbleiben zu müssen. „Dann will ich mal eurem Wunsch nachkommen und euch etwas herumführen. Es gibt hier oben tatsächlich ein paar Orte, die weniger exponiert sind, ihr werdet sehen. Und vielleicht ist ja einer dabei, der euch besser gefällt.“

Ioric hielt mit sichtlicher Mühe sein Grinsen zurück. “Eure Deutung meiner Worte ist womöglich ein wenig voreilig, in einem habt ihr aber gewiss Recht: Ich wollte mir die Burganlage ansehen.” Er stand ebenfalls auf, machte eine auffordernde Handbewegung. “Ich werde es auch nicht gegen euch halten, wenn ihr die Mörderlöcher und Ausfalltore bei eurer Führung ausspart.”

„Ihr meint, ich soll auch die Armbrüste zurückpfeifen, die in diesem Moment auf euch angelegt sind?“ fragte sie provokant.

Ioric grinste, trat einen Schritt auf sie zu. “Wie sehr vertraut ihr denn ihrem Zielvermögen?”

Talwen blieb äußerlich ruhig, wenngleich der Schritt Iorics, mit dem er sich ihr bis auf die Grenze des Anstands ausreizende Nähe heran schob, in ihr die bisher mühsam im Zaum gehaltenen Gedanken in Unruhe versetzte. "Ich würde an eurer Stelle stark davon ausgehen, dass sie euch selbst jetzt noch treffen. Aber wenn ihr nicht wollt, dass es heißt, ihr würdet euch mir unschicklich nähern, empfehle ich euch dringend einen Schritt zurückzuweichen! Herr Ioric.” Sie sprach ihre Drohung beherrscht, doch ihre wilden Augen konnten nicht so recht lügen.

Ioric hielt ihren Blick, einen langen Moment, ehe er zurücktrat, während sich kurz ein zufriedenes Lächeln auf seinen Lippen zeigte. “Dann werde ich mich vorsehen.”

„Ja. Ja, das solltet ihr. Unbedingt.“ entgegnete die Vialigh sowohl seinem Zurückweichen, als auch seinen tiefen Blicken - letztere Andeutungen, die sie verstand, aber die hier nicht her gehören, schließlich waren sie auf Glennbarr. „Unbedingt und immer,“ fügte sie kühl hinzu, dann unterließ sie weitere Andeutungen und neigte den Kopf. „Kommt, ihr wolltet doch die Mörderlöcher sehen.“ Ohne auf eine Reaktion zu warten, machte sie sich auf.

Ioric ließ ein leises Lachen hören, ehe er sich aufmachte, ihr in angemessenem Abstand zu folgen.

Eine kurze Weile gingen sie schweigend hintereinander her. Sie durchquerten den vorderen Innenhof und Talwen deutete schließlich auf eine schmale Treppe, die neben dem Torhaus auf den Wehrgang führte. Dort waren sie für den Moment fern der Augen, die aus dem Saal in den Hof blicken konnten. Die Wachen zogen sich dezent zurück, als die beiden Ritter die Stiege erklommen, um in dem dunklen Gang ein paar Schritte auf die lange Seite der Mauer herum zu spazieren. Der Wehrgang war nur von einigen Laternen beleuchtet, die den schmalen langen Gang in ein diffuses Dunkel tauchten.

Als sie unter sich und vorerst keine Ohren in der Nähe waren, ergriff der Krähenfelser vorsichtig wieder das Wort. “Ich hoffe, ihr nehmt keinen Anstoß an meinen Worten. Ich… Ich wusste nicht, wie es zwischen uns steht.”

Talwen drehte sich zu ihm um. „Tja, das ist eine gute Frage. Ich habe keine Ahnung.“ Ein Schulterzucken begleitete ihre Worte. „Was meint Ihr? Aber keine Sorge, ihr habt nichts gesagt, an dem ich ernsthaft Anstoß nehmen müsste.“

“Natürlich nicht.” Ioric schien fast ein wenig empört. “Mir war bloß daran gelegen, ein wenig hinter eure Deckung zu blicken, genau genommen war ich wohl einfach unsicher, ob eure Behandlung meiner Person nur den Äußerlichkeiten geschuldet war...” Er lächelte vorsichtig. “Ich habe den Austausch mit euch vermisst, Talwen Vialigh.”

Auch Talwen schmunzelte. „Eure Briefe waren eine schöne Abwechslung. Ich hoffe, Ihr nahmt keinen Anstoß an einem meiner Worte. Briefe schreiben liegt mir nämlich nicht. Nicht so sehr jedenfalls.“

“Ich konnte keinen Fehl in euren Worten finden und es freut mich, dass ihr die Zeit gefunden habt, sie zu Papier zu bringen.” Ioric grinste, senkte die Stimme. “Auch wenn mich eure gewählte Signatur…überrascht hat.”

Talwen tat verwirrt. „Was stimmte denn mit ihr nicht?“

“Absolut nichts.”, entgegnete Ioric mit einem Kopfschütteln. “Aber es lädt natürlich zu … Spekulationen ein, was euch wohl zu einer Wahl wie dieser bewegt hat.” Er schmunzelte, während sein Blick über die nächtliche Wehranlage glitt.

„Und jetzt verratet mir noch: zu welchem Schluss seid ihr gekommen, bei euren … Spekulationen?“ Amüsiert lehnte sie sich mit der Schulter an das Mauerwerk, die Arme vor der Brust verschränkt, und beobachtete, wie ihr Gast durch eine der Scharten hinaussah.

Unten waren die beiden Torhäuser durch Fackeln und Feuerkörbe gut sichtbar beleuchtet, auch der Weg nach oben in den Broch. Feuerkörbe erhellten auch den unteren Hof, wo sich die Ställe und andere Wirtschaftsgebäude befanden. Unkengrund selbst war durch hellen Flecken in der Nacht auszumachen. Auch im Zeltplatz nahe der Festwiese waren Lichter erkennbar, denn dort hielt sich das Gesinde so manches Gastes auf. Die Festwiese selbst lag im schwarzen Dunkel. Heute noch.

Ioric ließ die Frage lange zwischen ihnen stehen, während sein Blick in die Dunkelheit gerichtet blieb. Dann drehte er sich langsam zu Talwen. “Dass ihr Gefallen daran gefunden habt”, antwortete er sanft. “...mit mir zu -”, er zögerte,”- spielen.” Vorsichtig trat er einen Schritt auf die Erbin von Unkengrund zu. “Dass ihr nicht bereut, was geschehen ist.” Er lächelte vorsichtig.

„Reue… gehört tatsächlich nicht zu den Dingen, die ich empfinde, wenn ich zurückdenke, das stimmt.“ entgegnete sie geheimnisvoll, bevor sie sich fast ein wenig über ihn lustig machte: „Und das habt ihr aus einem einzigen Wort herausgelesen? Ihr seid ein scharfsinniger Beobachter.“

Ioric lachte leise und für einen Herzschlag schien es, als wollte er die Schwerthand ausstrecken, ließ sie dann doch wieder sinken, ehe er mit einem ironisch-bescheidenen Schulterzucken ihre Bemerkung abtat. “Meinen Glückwunsch übrigens zu eurem Erfolg”, wechselte er dann unvermittelt das Thema, ein dünnes Lächeln auf den Lippen.

„Erhellt mich. Welchen meint ihr?“ Die leise Enttäuschung über das, was er sich nicht getraut hatte, verbarg sie geschickt.

“Ich fragte euch, ob ihr auf eure Verlobung oder einen erlegten Schrecken anstoßen wollt, ihr bejahtet, dass eines davon geschah.” Ioric grinste und machte eine Handbewegung in Richtung des Palas. “Eure Frau Mutter klang aber nicht so, als wäre ersteres der Fall. Also: Meinen Glückwunsch!”

Talwen seufzte erst tief, bevor sie sich von der Wand abstieß, das Gesicht senkte und sich mit der Linken, die Arme immer noch verschränkt, an die Nasenwurzel griff. Tatsächlich seufzte sie aus zweierlei Gründen. Der eine war, weil ihre Mutter jetzt sogar schon mit Fremden über solcherlei privater Themen sprach. Der andere war, weil ausgerechnet der Krähenfels es mitangehört hatte. „Aber das hatten wir doch schon, Herr Ioric. Das geht euch nichts an.“ sagte sie sehr beherrscht. Bei ihrem nächsten Gedanken, der sie auf- und zu ihm hinblicken ließ, nahm sie die Finger wieder aus dem Gesicht. „Doch wenn ich jetzt meinerseits spekulieren darf: meine Verheiratung scheint wirklich etwas zu sein, was euch interessiert, nicht wahr? Ich meine, weil ihr es immer und immer wieder ansprecht. Und anhand eurer Wortwahl könnte man fast die Vermutung aufstellen, dass ihr … froh?... seid, dass mir der Sieg über ein Finsterwesen zu eigen ist, statt eines baldigen Ehemanns.“

Iorics Mundwinkel zuckten. “Natürlich. Ein Sieg über einen Schrecken ist etwas, was die Heckenlande, die auch ich meine Heimat nenne, sicherer macht”, erläuterte er mürrisch. “Ein Ehemann hingegen würde das hier -”, er machte eine Handbewegung in Richtung von Talwen, “nur komplizierter machen.” Er versuchte es mit einem Lächeln, aber mehr als eine Grimasse brachte er nicht zustande.

„Hm,“ machte sie sinnierend und nickte dann langsam. “Ich verstehe.” Sie tat bewusst nachdenklich, dabei waren Talwens Sinne auf einmal so aufmerksam, wie sie nur sein konnten, denn sie wollte keine Regung ihres Gegenübers verpassen. Selbst im diffusen Halbdunkeln einer Laterne nicht, die unweit von ihnen an der Wand hing. Denn die Andeutungen in seinen Worten waren zu interessant und außerdem wollte sie es genauer wissen: “Weil ihr fürchtet, dass es nicht mehr richtig wäre, wenn ihr … mir schreibt?” fragte sie vorsichtig und bemüht, sich ihre Aufregung nicht ansehen zu lassen.

Kurz war Ärger in der Miene des Eichengrunders zu erkennen, ehe er sich wieder im Griff hatte. “Weil ich euch immer noch begehre, Talwen Vialigh”, gab er bemüht ruhig zurück. “Selbst wenn wir uns weiterhin treffen könnten oder einander schrieben, würde ich niemals euch oder mich in den Augen der gütigen Mutter, in deren Namen auch ihr mich heute begrüßt habt, entehren.” Für einen kurzen Moment schien es, als wollte er sich abwenden, ja flüchten, aber er blieb und sah der jungen Vialigh in die dunklen Augen, sein Ausdruck mühsam beherrscht.

Talwen blickte den Krähenfels stumm an. Sie schluckte, als ihr die Bedeutung seiner Worte bewusst wurden. Fallstricke. Es stimmte also, dass jeder früher oder später darüber fiel. Und dass der Sieg einer gewonnenen Schlacht umso süßer schmeckte, wenn er redlich verdient war. Erinnerungen an ihre Nacht im Zeltlager tauchten in ihrem Geiste auf. Und an jenen Moment vor 6 Jahren, als sie und der Krähenfels sich schon einmal gegenüber standen, aber er sich zu ihrem Feind machte. Sie erinnerte sich an den Geschmack von Mhôrnoch. Und dass niemand wissen durfte, warum sie ihn auf ewig mit Ioric von Krähenfels verbinden würde, oder warum ihr Herz gerade so kräftig schlug. Er war irgendwie kein Feind mehr. Sondern ein Mann, der mehr für sie fühlte. Und den sie selbst auch interessanter fand, als es ihr gut erschien. “Alsoo…” fing sie an, fand aber auf die Schnelle keine rechten Worte, um auszudrücken, dass sie ihn für seine Ehrlichkeit bewunderte. Ihr lag nicht mal eine flapsige Bemerkung auf den Lippen - was ihr bislang in Bezug auf ihn immer so leicht gefallen war. Gerade fiel ihr aber gar nichts leicht. Vor allem nicht das Denken. Das klare zumindest! Sie versuchte dennoch die Fassung zu wahren, denn irgendetwas wollte sie sagen, seine Worte nicht so stehen lassen. “Es… gibt aber keinen Ehemann! Und es wird so schnell auch keinen geben, seid unbesorgt!” Erst, als die Worte ihren Mund verlassen hatten, fiel Talwen auf, dass sie damit genau genommen eine Einladung ausgesprochen hatte.

Kurz zeigte sich so etwas wie eine grimmige Befriedigung auf Iorics Gesicht. Mit einem schnellen Schritt überwand er die Distanz zwischen ihnen, sodass kaum ein Fingerbreit Platz zwischen ihnen verblieb. Einen Herzschlag sah er in ihre dunklen Augen, hielt dann jedoch inne. “Ich bin nicht besorgt. Es geht mich nichts an”, murmelte er leise.

“Sehr richtig,” erwiderte sie, ebenfalls flüsternd, doch Worte kamen ihr plötzlich wie eine Nebensächlichkeit vor. Seine Nähe, sein Geruch und damit eine Reihe an Gedanken ließen ihr Herz noch etwas schneller schlagen. Talwen ahnte, dass sie gleich eine Torheit begehen würden, doch sie konnte nicht einmal genau sagen, ob sie das störte oder freute. Daher ließ sie es auf sich zukommen.

Für einen Augenblick hielt Ioric inne, stumm mit der Versuchung ringend. Würden ihre Lippen so schmecken wie in seiner Erinnerung? Wie würde sich ihr Leib anfühlen, wenn er ihn an sich zog? Dann atmete er aus, legte sanft die Hand auf die Mitte ihrer Brust und machte einen halben Schritt zurück, so als müsste er sich von ihr gewaltsam trennen. “Ich habe euch versprochen, eure Geheimnisse wären sicher bei mir…”, flüsterte er, seine Stimme heiser.

Eine Hand griff nach Iorics Arm und ihre Finger schlossen sich fest um sein Handgelenk. Ihr Mund ging auf, wenn gleich kein Wort herausfand, da sie sich einen Augenblick Bedenkzeit für sich selbst erzwang, um herauszufinden, ob sie das folgende auch wirklich sagen wollte, doch die Berührung seiner Hand auf ihren wogenden Busen brannte sich durch die Lagen Stoff und das machte alles nicht leichter. „Im Moment seid ihr mein einziges.“ fuhr sie fort. „Und wo wäre dieses Geheimnis sicherer als bei euch. Also, wovor habt ihr Angst?“

Iorics Blick hing an ihrer Hand um seiner und es brauchte einen Augenblick, ehe er die Willenskraft fand, den Blick zu heben und Talwen ins Gesicht zu sehen. Er räusperte sich, ehe er leise antwortete: “Davor, dass ihr mich vermutlich von der Wallanlage stoßen müsstet, um mich dazu zu bringen, von euch abzulassen, sollte ich euch jetzt berühren.” Er lächelte. “Und dann wäre es wohl geschehen um euer Geheimnis - oder mich.”

Verwirrt hier sie inne, denn seine Hand lag doch bereits auf ihrer Brust. Aber sie wusste auch, dass Glennbarr nicht der richtige Ort war, um sich miteinander im Eifer des hitzigen Moments gehen zu lassen. Also ließ sie mit Bedauern seine Hand los. „Das wäre… schade,“ antwortete sie, offenlassend, welches Geheimnis sie mehr bedauern würde.

Ioric ließ seine Hand sinken und trat einen weiteren Schritt zurück.

Als er zurückwich, kehrte langsam die Klarheit zurück in Talwens Verstand, als die Anspannung in ihrem Bauch weniger wurde.

“Verzeiht.” Er wandte den Blick ab, sah in die Nacht hinaus. “Ich verstehe, wenn ihr nun kein Interesse mehr habt, mir den Broch zu zeigen. Ich finde alleine zurück.“

Das Gefühl, um einen besonderen Moment des Tages betrogen worden zu sein, ließ sich leider nicht fortschieben, auch, wenn es besser war, dass der Krähenfels sie am Ende nicht geküsst hatte. Sie seufzte tief und schwer und aufrichtig. „Um ehrlich zu sein, ich hatte noch nie großes Interesse, euch den Broch zu zeigen. Warum solltet ihr euch auch für Burgmauern interessieren, die wegen etwas, was ihr damals getan habt, zerstört wurden?“ Sie lächelte. „Ihr kämt bestimmt auch nicht auf die Idee, mir eine Führung durch die Keller von Burg Krähenfels anzubieten, stimmt‘s? Trotzdem.“ Talwen machte einen Schritt von der Mauer weg, an der sie die ganze Zeit über gestanden hatte. „Es war eine sehr…“ sie suchte nach Worten „...interessante Unterhaltung.“ Dann wartete sie neben ihm stehend, ob er sich ihr anschließen würde. „Ich wäre keine gute Gastgeberin, würde ich euch alleine gehen lassen.“

Ioric schwieg einen Moment nachdenklich, ehe er sich Talwen wieder zuwandte. “Mein Interesse entsprang nicht dem Wunsch, das Werk der Flammen, welche die meinigen vor 6 Jahren in diese Mauern trugen, zu bewundern. Aber ich verstehe was ihr meint - daher bitte ich um Verzeihung." Er trat auf sie zu und bedeutete ihr voraus zu gehen.

Nur tat Talwen ihm den Gefallen nicht. Sie blieb stehen und gebot ihm Einhalt, denn sie wollte noch etwas loswerden.

Ioric erstarrte in der Bewegung und erneut war nicht mehr als ein Spann Platz zwischen ihnen.

„Wartet. Solange wir noch unter uns sind, möchte ich euch gerne etwas sagen. Ihr müsst euch nicht entschuldigen. Es ist ja nichts passiert.” Das war zumindest nicht ganz eine Lüge. Und zu sagen ‘Ich bewundere eure Ehrlichkeit’ brachte sie nicht über die Lippen, obwohl sie genau das tat. Stattdessen sagte sie: “Und ich… ich weiß eure Gesten zu schätzen… und euer Geheimnis ist bei mir sicher.” Es war zu dunkel, daher konnte er nicht sehen, dass sie dabei errötete. Ihren Selbsthass, weil er ihr viel zu wenig egal war, konnte er ebenfalls nicht sehen. Allenfalls erahnen.

In seinem Gesicht jedenfalls war nicht zu erkennen, ob er das eine oder das andere tat, und er nickte kurz.

“Und was ich noch sagen möchte: es, hm… ist schön… dass ihr hier seid.“ Einen Augenblick lang war Talwen wirklich versucht, ihrerseits die Hand auf Iorics Brust zu legen, unterließ es jedoch.

Der Krähenfelser schenkte ihr ein warmes Lächeln. “Seid bedankt für eure Einladung, Hohe Dame.” Er trat einen winzigen Schritt zurück. “Vielleicht ergibt sich in den kommenden Tagen noch einmal die Gelegenheit für ein Gespräch - Es würde mich freuen.”

Talwen erwiderte sein Lächeln. „Ja, mich auch. - Gut. Dann…“

Sie ging ihm voraus durch den Wehrgang, die Stiege von der Mauer hinab und überquerten in ernster Stille den vorderen Hof. Aus den offenstehenden Fenstern des Palas drangen nach wie vor Fetzen der Gesprächen im Innern.

Schon von Weitem sahen Talwen und Ioric, dass jemand an dem doppelflügeligen Tor stand. Die männliche Gestalt war groß und korpulent und lehnte im Schein eines Feuerkorbs lässig an dem ofenstehendn hölzernen Torflügel, wo sie sich mit einem Messer die Fingernägel säuberte. Die weibliche war in ein langgeschnittenes Kleid gewandet, das an den Ärmeln mit kleinen Kugeln verbrämt war, die im Schein des Feuers glitzerten. Beide sahen von ihrer Unterhaltung auf, als die beiden Ritter über den Hof kamen und folgten ihnen mit ihren Blicken, bis sie vor dem Tor angelangt waren. Die Worte, die sie beim Näherkommen des ungleichen Paares miteinander sprachen, waren leise und für Talwen wie Ioric nicht hörbar, aber die Vermutung lag nahe, dass sie sich über die beiden jüngeren unterhielten.

Talwen grüßte ihren Onkel und die Base ihrer Mutter höflich, welche den Gruß ebenso höflich erwiderten.

Ioric beließ es bei einem wortlosen Nicken.

Als Talwen nur Augenblicke später das Portal zum Palas für sich und ihren Begleiter aufstemmte, konnte der ihr missmutiges Stirnrunzeln im Licht der Wandfackeln deutlich sehen. „Es wäre sicher hilfreich, wenn wir bei der Wahrheit bleiben. Was euer geschwundenes Interesse an einem Rundgang betrifft, meine ich.“

Ioric warf ihr einen verwirrten Blick zu. “Natürlich.” Seine Augen wanderten zur Tür. “Glaubt ihr eure Anverwandten weilten dort aus Sorge um eure Unversehrtheit?”, fragte er leise schmunzelnd.

„Ich könnte mir vorstellen, dass meine Anverwandten dort aus einer Menge von Gründen heraus weilen,“ brummte Talwen verärgert. „Aber ja, es könnte sein, dass Ihr recht habt.“ Sie konnte sich vorstellen, dass zumindest einer von beiden, entweder ihr Onkel oder die Schreiberin, ausgeschickt worden war, um nach ihr zu sehen. Das fand Talwen zum einen wirklich unnütz, zum anderen unglaublich lächerlich und unverschämt noch dazu. Wer diesen Auftrag erteilt hatte, konnte sie sich denken. Und sie wusste auch schon ganz genau, was sie etwaigen kritischen Tönen entgegnen würde. Entschlossen, aber mit aller Höflichkeit eines Gastgebers deutete sie die Treppe hinauf. „Bitte, hoher Herr, geht ruhig schon nach oben. Ich werde mich allerdings hier fürs Erste von euch verabschieden und noch einmal im Hof nach dem Rechten sehen. Ich habe bemerkt, dass ein paar Feuerkörbe mit neuen Scheiten bestückt werden sollten und werde das gleich veranlassen,“ erklärte sie, warum sie nicht mitkam. Sie hoffte natürlich, dass er verstand. Ganz nebenbei, fand sie, war es vielleicht doch besser, wenn jeder von ihnen ohne den anderen zurückkam.

“Ich finde alleine zurück”, wiederholte Ioric seine Worte von vor kurzem noch und nickte. Anstatt einer Abschiedsformel griff er kurzentschlossen nach ihrer Hand, hielt sie einen Lidschlag und wandte sich dann die Treppe hinauf.