Hochzeit auf Burg Krähenfels (1044) Teil 01: Prolog

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Prolog

Neugierig hob Gwennafaer Aldewen das Haupt und lauschte erneut dem rätschenden ‘krschäääh‘ eines missgünstigen Musikanten irgendwo in ihrer Nähe. Womöglich verbarg sich sein Nest im Geäst einer nahestehenden Eiche, die der Zug soeben passierte. Als Kind hatte sie einmal die blau schillernde Feder eines Eichelhähers gefunden, als sie ihren Vater Madard, einem angesehenen Ritter im Gefolge der Hochverräterin Isora Ulaman von Elenvina, zur Jagd begleiten durfte. Noch immer trug sie diese Feder voller Stolz, neben jenen von Fasan und Blaufalke, an ihrem mit zwölf weißen Perlen verzierten Jagdhut. Abermals reckte sie ihren, von dunklen Locken umspielten Kopf in die Höhe, doch zu ihrem Missfallen, fanden ihre Augen nicht das Versteck des Vogels.
Seit ihrem Aufbruch von der Burg, zur Mitte der ersten Firunsstunde, war vermutlich erst ein halbes Stundenglas vergangen und die meisten Gäste hatten sich dem Zug zum Jagdlager angeschlossen, stellte Gwennafaer auf dem Rücken ihres Zelters fest. Ein nicht unerheblicher Teil der Adelsgesellschaft fand im imposanten Wohnturm von Carans Familie Unterkunft. Dieser stammte noch aus der Zeit von Raulbrand dem Schwarzen, dem Gründungshelden von Haus Krähenfels und einstigen Baron von Tommeldomm und zählte sicherlich zu den größten seiner Art in Albernia. Ein weiterer Teil kam im Rabenwerk unter, einem Turm mit direktem Blick zum Burgweiler, der seit langer Zeit einmal wieder als Gastunterkunft diente. Dennoch mussten von den Regierenden Rittern Marbaron Baradhar und Magor Calad in bereitgestellten Zelten am Fuße der schroffen Krähenfelsen nächtigen. Erbjunker Ardan zu Naris kampierte hier ebenso willfährig, wie ihr eigener Bruder, der die ihm zugewiesene Kammer, kurzfristig dem Lehnsvogt von Hohenfels und dessen Familie zur Verfügung gestellt hatte. Hier in unmittelbarer Nähe zum Burgweiler standen auch weitere Zelte für die Dienstritter der hohen Herrschaften und den übrigen Tross bereit, sofern die Gäste diese nicht selbst mitgebracht hatten.
Gwennafaer bemerkte am Wegesrand einige größere Bestände von Brenn- und Goldnesseln, sowie Farne und Waldweidenröschen. Sie freute sich darauf, deren rötliche Blütenblätter im kommenden Sommer begrüßen zu dürfen. Der Weg durch den Wald war so breit, dass zwei Reiter spielend nebeneinander Platz finden konnten. Obwohl sie eine große Jagdgemeinschaft waren, verhielten sich die Frauen und Männer ungemein achtsam und versuchten nicht allzu laut zu sein, wie ihr auffiel.
Endlich hatten sie das Jagdlager erreicht. Es befand sich zum Teil auf einer größeren Lichtung. An deren Rand standen zahlreiche Aufbrechböcke zur Verfügung, offensichtlich rechnete ihr zukünftiger Gemahl mit einer großen Strecke. Daneben fanden sich Wasserkübel für die Reinigung der Hände. Ebenso stand hier auch ein Wagen zur späteren Abfuhr des erlegten Wild zur Burg bereit.
Von der Lichtung waren es etwas mehr als zwei gute Bogenschussweiten bis zum Waldsaum, wie Gwennafaer feststellte. Die Edeldame aus Jannendoch ließ sich von ihrem Verlobten galant aus dem Sattel helfen und überließ ihre junge Fuchsstute den treuen Händen eines bereitstehenden Pferdeknechts. Jeder Adlige war gut beraten, sein eigenes Pferd hierher zu führen, um auf diesem zur Pirsch aufzubrechen, hatte ihr Herr Wulfwin von Tannengrund am gestrigen Abend mit einem wohlmeinenden Lächeln verraten. Da sich der Junkererbe von Maradom ungemein gut in seiner Rolle als verständiger Waidmann gefiel, beließ ihn Gwennafaer gerne in Selbstbild und Glauben, auch wenn dies mitnichten ihre erste Jagdgesellschaft war. Die junge Adlige blickte sich um und schenkte zuerst Frau Leanna Widra ein freundliches Lächeln. Die ihr von ihrem treusorgenden Bruder zur Seite gestellt wurde.
Die Dienstritterin hatte ihr schwarzes Streitross, eine Nordmähne, neben den Zelter der jungen Aldewen geführt und erwiderte Gwennafaers Lächeln mit einem Nicken. Als Gwennafaer geboren worden war, war Leanna bereits Schildmaid von Gwennafaers Vater gewesen und seit sie alt genug gewesen war, sich zu erinnern, stand die ältere Frau in treuen Diensten ihrer Familie. Gwennafaer wusste, dass sie und ihre älteren Geschwister allesamt nicht am Leben wären, hätte Leannas Vater ihre Mutter nicht tapfer gegen Fürstentreue verteidigt, welche der Mutter nach dem Leben getrachtet hatten.
Während Caran bereits in ein Gespräch mit seiner Jagdmeisterin vertieft war, stach Gwennafaer sofort der große vornehme Pavillon ins Auge, dessen Zeltplanen nach Efferd hin offen standen. Überall sprangen Knechte und Mägde umher, so dass sie das rege Treiben ein wenig an einen Bienenstock erinnerte. Neben dem dreimastigen Festzelt fanden sich zwei weitere, deutlich kleinere und zu allen Seiten geöffnete Baldachine, die ebenfalls zur Rast einluden. In der Nähe fand sich auch die Lagerküche mit so mancher dampfenden Pfanne und großem Kessel. Das Zelt des Burgmedicus war ein Rundzelt. Gegenüber von diesem fanden sich auch die Zelte des Burg- und Jagdgesindes. Dieses war bereits seit einigen Tagen damit beschäftigt, die Hirsche in der Umgebung aufzuspüren.
Gwennafaer musste unweigerlich lächeln, denn über ihr fielen die ersten warmen Strahlen der Praiosscheibe durch das rotgoldene Blätterdach und verwandelten den Himmel in ein beeindruckendes Gemälde aus Zartblau und Rosa. Der morgendliche Nebel zwischen den Bäumen ließ diesen Teil des Flüsterwaldes so zauberhaft und unwirtlich, wie in einem Märchen erscheinen. Im Abstand von mehr als zehn Schritt fanden sich vor allem Eichen und Rotbuchen. Eine Bogenschussweite entfernt, begrenzte allerdings schon üppiger Pflanzenbewuchs ihr gesamtes Gesichtsfeld. Nur hier, in der mittelbaren Nähe von Burgweiler und Burg, war das Gesträuch noch einigermaßen licht.
Zu ihrer Rechten standen Herr Wulfwin von Tannengrund und Herr Marbaron Baradhar beisamen. Offenbar musterte der Erbjunker von Maradom anerkennend die drei Bracken, die der Ritter von Gnadengrund mit sich führte. Leanna Widra nickte dem Neffen ihres Gemahls knapp zu, ließ ihren Blick aber weiter über den Festplatz schweifen. Neben dem Gebell der Hunde, trug der Beleman auch allerlei Gerüche zu Gwennafaer heran: der sanfte Duft von würzigen Kräutern war dabei sicherlich der verlockendste und ließ sie endlich die vorbereitete Tafel näher in Augenschein nehmen. Es standen allerlei Spezereien wie kandierte Früchte, aber auch frisch gebackenes Brot, Schafskäse, gebratene Pilze sowie eine heiße Suppe bereit, um für das leibliche Wohl der Jagdgesellschaft zu sorgen. Die Bänke und Stühle waren mit Fellen von Heidschnucken belegt.
Eine Magd reichte den Gästen einen vollen Tonbecher mit warmen Kräutertee, den auch Gwennafaer gerne annahm. Im Zelt selbst unterhielt sich gerade ihre zukünftige Schwiegermutter mit Quanion Valdorin und Ondil Ferandir, Carans Schwager. Nicht unweit von Ravindra von Krähenfels stand Herr Rondfert von Ingvalsauen in Eisen und Wolle gekleidet, mit Langschwert, Speer und Schild, als ob er gleich auf einer Turney streiten würde. Er war kein Mann der großen Worte, sondern recht zurückhaltend, besonders wenn es um seine Vergangenheit ging. Caran hatte ihm die Wache über das Jagdlager übertragen. Gwennafaer genoss hingegen die Tatsache, dass sie in diesem Moment einmal nicht im Mittelpunkt stand und sah mit freundlichen Augen zu den anderen Edeldamen und ankommenden Wappenträgern.