Turnier von Havena (1043) Teil 02: Scheideweg

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Dramatis Personae

Anmerkung

Bei den durch Lektüre dieser Geschichte gewonnenen Informationen handelt es sich natürlich um MEISTERINFORMATIONEN, die in der Spielwelt weitgehend nur den beteiligten Personen bekannt sein dürften ...


Am Abend, 23.Peraine

Am Rand des Turnierfelds

Fluchend eilte sich Siana, als ein leichter Schauer begann, über dem Turnierfeld und den vielen Zeltlagern des albernischen Adels niederzugehen. Mit der Schlauchtasche über der Schulter legte sie noch einen Schritt zu, um rasch das Yantibairer Lager zu erreichen: Sie konnte nicht darauf hoffen, dass der Regen den stinkenden Odem von Schmach und Niederlage abwaschen würde, also nutzte es wenig, einfach stehenzubleiben. Nichts hätte sie lieber getan, als umzukehren. Doch angesichts ihres baldigen Weggangs nach Weiden mußte es sein - soviel war sicher.

Als die Schildmaid sich dem Lager der Yantibairer näherte, schlug schon früh ein großer schwarzer Jagdhund an, worauf auch der wachhabende Waffenknecht, der gerade dabei war, seine wilden rotbraunen Locken unter seine Gugel zu stopfen, den Kopf hob und Siana entgegen trat. Es war ein junger Mann, der kaum älter als die Schildmaid selbst war und der sie mit großen Augen abwartend ansah. "Kann ich Euch helfen?", er zögerte hörbar und verzichtete dann einfach auf eine Anrede.

"Ja", gab Siana ohne Umschweife zurück, wartete einen Lidschlag auf die Reaktion des Waffenknechts, bevor sie weitersprach. Doch der wartete ebenfalls ab, weswegen sie ihm ein schiefes Lächeln schenkte.

"Ich bin Siana Falkraun, Knappin von Josold von Firunsgrund und Schwester von Jelwin Falkraun. Ich will...", sie seufzte, "ich möchte meinen Bruder sehen, um ihm zu gratulieren - zum Gewinn des Knappenturniers."

"Das ist aber nett von Euch, junge Dame, strahlte der junge Mann nun. "Er hat sich auch sehr gefreut, fast so sehr wie Hochgeboren."

Siana gab unwillkürlich einen glucksenden Laut von sich, als sie versuchte, ein Auflachen zu unterdrücken: "Das kann ich mir vorstellen!"

Er sah sich kurz um. "Setzt Euch doch hier unter die Lagerplane", deutete er auf die lange Tafel, wo schon ein paar Andere sich vor dem Regen hingeflüchtet hatten. Siana erkannte eine Handvoll der Waffentreuen und Bediensteten, die sich gerade mit der Instandhaltung von Rüstungsteilen, Kleidungsstücken und Lederzeug beschäftigten. Insgesamt war das Lager weniger geschäftig und trubelig als üblich.

"Hab' Dank", gab sie zurück, wollte sich schon fast zur Tafel wenden und hielt dann doch inne. "Wie heißt du?", fragte sie ihn geradeheraus. "Ich kenne dich nicht - weder aus Glenach im Sommer noch von den letzten Turnieren. Bist du neu auf Yantibair?"

"Nicht mehr so, nee", gab er zurück. "Bin jetzt zwei Götterläufe da, aber halt eher auf der Burg bisher." Nun legte der junge Mann den Kopf leicht schief und ergänzte zur Sicherheit: "Ich bin Ghearn. Ghearn Ongswin."

"Deine erste Turney?", mutmaßte Siana, während der Regen weiterhin sanft auf ihnen niederging.

"Mhm", nickte Ghearn mit leuchtenden Augen, "ganz schön viel los."

"Du gewöhnst dich sicher dran, wenn du kein Scheiß baust." Sie hielt kurz inne, blickte ihn forschend an, ob er zu eben jenen gehörte und beschloss das Thema zu wechseln. "Ich will... ich möchte meinen Bruder an dessen Zelt treffen. Wenn er denn eines hat", meinte sie und trat an die Tafel.

"Er wird bestimmt bald wieder hier sein, gibt ja bald Abendessen. Die Baronin hat zur Feier des Tages Braten bestellen lassen, damit alle mitfeiern können", grinste der Waffenknecht vorfreudig. "Weil gestern war sie ja irgendwie selbst eingeladen."

"War bestimmt die reinste Freude für sie, beim Marktvogt geladen zu sein. An seiner Tafel, sein Wein, sein Brot", überlegte Siana. "Wird ihr sicherlich nicht so geschmeckt haben. Also ich meine, Hochgeboren... Oder war sie woanders?"

Ghearn machte große Augen und zuckte mit den Schultern. "Da weißt... wisst Ihr mehr als ich...", gab er zu. "Aber sie war schon beim Marktvogt. Glaub ich..." Einen Moment lang schien der Waffenknecht abwesend, dann lächelte er Siana wieder breit an. "Aber Ihr solltet Euch vielleicht wirklich rüber setzen, ehe Ihr ganz nass seid."

"Ja, sollte ich vielleicht, wenn ich ein Edelfräulein wäre", nickte Siana. "Aber so werde ich nur genauso nass wie du", stellte sie fest, blickte zum abendlichen Himmel hinauf, das Gesicht im Regen.
Als sie ihn wieder ansah, meinte sie leise: "Pass noch mehr auf, was um dich herum geschieht, wenn du weiterkommen willst, Ghearn." Damit nickte sie ihm nochmals zu und trat dann mit einem offenen Gruß unter die Lagerplane zu den anderen.


Geplänkel

Als Jelwin vom fast gleichaltrigen Waffenknecht die Nachricht bekam, machte er sich ungeachtet des Regens sofort auf den Weg, um seine Schwester zu sehen. Während er über den matschigen Boden lief, überlegte er, warum seine Schwester ihn wohl sehen mochte. 'Vielleicht wegen des Turniers oder war etwas passiert? Egal, da vorne war bereits die Lagerplane.'
"Na?", mit einem breitem Grinsen auf dem Gesicht trat Jelwin aus dem Regen hervor und stellte sich unter die Lagerplane, wo er seine Schwester gesehen hatte.

"Glückwünsche zum Gewinn des Knappenstreits, kleiner Bruder!" Die erfahrene Schildmaid, deren Geburtstag nicht lange zurücklag, bedachte Jelwin mit einem spöttischen, aber auch wohlmeinenden Blick. Einen Lidschlag ließ sie ihre Worte in der Luft hängen, dann nahm sie ihn - vor den hinter ihr Versammelten - in die Arme. Dabei spürte Jelwin in der Umarmung deutlich, dass sie in ihrer Schlauchtasche einigen Inhalt mit sich führte.

"Danke", kurz verwirrt, dann fröhlicher erwiderte Jelwin ihre Umarmung. Mit einem spöttischen Lächeln auf seinem Gesicht fragte er: "Hast du dich denn schon von dem Turnier erholt?"

"Viel gabs ja nicht zu erholen. Larkin war recht schnell besiegt und die Blessuren des Grünschnabels sind nicht der Rede Wert - aber mein Stolz wird sich wohl nicht so schnell erholen", stellte sie freudlos fest.
"Ich würde gerne kurz in Ruhe mit dir sprechen", meinte sie geradeheraus und es klang nicht wie eine Bitte.

Mit einem gefassten Gesichtsausdruck nickte Jelwin seiner großen Schwester zu und sagte mit ernster Stimme: "Dann komm doch mit zu meinem Zelt, dort können wir in Ruhe reden."

"Ich lass dich zur Abwechslung mal voran gehen", gab sie zurück und lud ihn dazu mit einer Handbewegung ein.


Im Zelt

Als die beiden im Zelt ankamen, setzte sich Jelwin, nachdem er seinen nassen Mantel ausgezogen hatte, auf seine Bettstatt und fragte währenddessen: "Was gibt es denn? Ist etwas passiert?"

Siana schnaubte unwillig und fragte sich, ob ihr Bruder wohl irgendwann so weit sein würde, über seinen Tellerrand hinaus zu denken. Sie hoffte, dass es der Baronin gelingen würde, ihm diese Lektion noch beizubringen, bevor es zu spät war.
"Ja, ich habe erkannt, dass du ein Holzkopf bist und nicht verdienst, was ich entschieden habe!", schnappte sie und ließ mit einer raschen Bewegung die Schlauchtasche über ihre Schulter direkt in seinen Schoß fallen. Sicherlich ein Stein an Gewicht traf - nur durch sein Wappenrock gedämpft - recht zielgenau sein Gemächt und ließ Jelwin zusammenzucken.

"Au!", ein kurzer Aufschrei des Knappen ertönte im Zelt, allerdings versuchte er sofort, seine Fassung wieder zu finden, auch wenn ihm das sichtlich schwer fiel. Davon noch verwirrt, schien Jelwin erst nicht auf die Schlauchtasche zu achten, die er nur versuchte, abzuschütteln, und entgegnete noch etwas keuchend: "Selber Holzkopf!"
Doch dann schob er in einem verwirrt-fragendem Ton hinterher: "Was hast du entschieden?"

Grinsend blickte Siana auf ihren Bruder hinab, da sie noch immer stand: "Da mich die Leuin auf dem Knappenstreit so offensichtlich abgestraft hat und mein Schwertvater heute verletzt ausgeschieden ist, kann ich mich auch nicht mehr auf dem Buhurt hervortun. Die sommerlichen Turniere werde ich aufgrund der Reise von Graf Arlan nach Weiden verpassen und bis zum Winter keine weitere Gelegenheit bekommen, zu Geld oder Ansehen zu kommen. Ich könnte zwar alles beim Boltanspiel verwetten, aber da setze ich mein Geld lieber auf dich!"
Sie zwinkerte ihm zu, obwohl es ihr schwer fiel, weiterzusprechen. "Du weißt, dass wir nicht beide Ritter werden können. Eigentlich sogar niemand von uns. Und wie Naena in Ylvidoch hat angenommen werden können, wissen die Götter oder vielleicht Vater."
Sie räusperte sich und fuhr dann mit nun rauer Stimme fort: "Da drin sind meine Gewinne aus den Knappenturneyen in Draustein." Sie deutete auf die Schlauchtasche. "Sieh’ zu, dass du mit Frau Aedre sprichst, wenn es um deine ritterliche Ausstattung geht. Es wird zwar nicht reichen, aber vielleicht kann sie beim Schmied und Salwürker ein gutes Wort für dich einlegen lassen, wenn andere Dinge ebenfalls gefertigt werden müssen. Oder versetz’ zusätzlich deinen Preis und kauf’ ein Pferd. Wenn du es jetzt in Glenach kaufst, dann ist es vielleicht so weit, wenn du es selbst bist, Jelwin."

Jelwin schaute seine große Schwester mit großen Augen an. Blickte auf die Schlauchtasche und wieder zu seiner Schwester. Er stand auf und schluckte einmal. "Ich weiß, das wir eigentlich keine guten Chancen hatten, Ritter zu werden und als die Baronin mich als ihren Knappen annahm, konnte ich mein Glück kaum fassen. Doch ich weiß, dass es nicht einfach wird, an das Geld zu kommen."
Er blickte noch einmal auf die Schlauchtasche und fiel seiner Schwester in die Arme. Mit einer Stimme als würde er Tränen zurückhalten, sagte er: "Danke! Danke, Schwesterherz! Ich werde das Vertrauen, das du in mich setzt, nicht enttäuschen! Und ein Pferd werde ich kaufen und sobald ich meinen Ritterschlag erhalte, wird es schneller laufen als alle anderen Pferde!"

Siana nickte in der Umarmung und entgegnete mit glänzenden Augen: "Tu‘ das, Jelwin, und vergiss nicht, dass immer auch ein Reiter dazu gehört." Sie lachte befreit auf bei dem Gedanken daran, wie ihr Bruder dereinst den Schlag erhalten könnte.

Nach einer kurzen Stille, schaute Jelwin seine Schwester direkt an und fragte mit unsicherer Stimme: "Aber was ist mit dir? Was hast du vor, wenn du nicht zum Ritter geschlagen werden kannst?"

Die Ältere zuckte achtlos mit den Schultern, obwohl ihr noch ein Kloß im Hals saß. Erst nach einem befreienden Räuspern brachte sie schließlich hervor: "Ich werde Edelmagd sein und einen anderen Weg gehen. Er wird sicherlich länger dauern, aber irgendwann werden wir uns als Ritter treffen!"