Turnier von Havena (1043) Teil 03: Kein Weg zurück

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Dramatis Personae

Anmerkung

Bei den durch Lektüre dieser Geschichte gewonnenen Informationen handelt es sich natürlich um MEISTERINFORMATIONEN, die in der Spielwelt weitgehend nur den beteiligten Personen bekannt sein dürften ...


Nach der Abreise, ab dem 27.Peraine

Auf der Reichslandstraße

Siana war seit dem Aufbruch vom Turnierfeld bei Feenquell wortkarg gewesen. Auch die bissigen Kommentare, die sie bisweilen abgab, waren ausgeblieben. Wenn Josold es genau bedachte, hielt dieser Zustand bereits seit seinem Ausscheiden in den schweren Handwaffen und seiner Verletzung dort an. Vielleicht aber auch schon seit ihrer bitteren Niederlage gegen den bei weitem jüngeren Moradhin im Knappenstreit. Irgendetwas hatte sich verändert, seit diesen Tagen, aber er konnte nicht recht sagen was - aber er hatte das Gefühl, dass es etwas Wichtiges war.

Der Weidener Ritter begab sich an die Seite seiner Knappin, sah sie jedoch nicht direkt an und schwieg geraume Zeit, bevor er das Wort ergriff. "Manchmal scheint es, als wäre Rondra uns nicht mehr gewogen", begann er mit ruhigen Worten, "und dann mag es sein, dass eine Niederlage oder gar eine Verletzung uns dazu bringt, mit uns zu hadern. Haben wir uns nicht würdig gezeigt? Waren wir nicht gut genug? Ja... manchmal verlieren wir gar das Vertrauen in uns selbst und wähnen uns auf der ewigen Verliererstraße oder unser Unmut wandelt sich in unbändige Wut." Einen Moment ließ er die Worte im Raum stehen.
"Nichts davon hilft aber dabei, uns weiter zu entwickeln und uns darauf vorzubereiten beim nächsten Mal, in ähnlicher Situation, nicht geschlagen geben zu müssen. Statt alles in uns zu fressen, sollten wir da nicht lieber fragen, was kann ich daraus lernen? An welcher Stelle hat sich das Blatt gegen mich gewendet?" Wieder schwieg er für einen Moment und hatte den Blick noch immer vor sich gewandt.
"Bei Zeiten eine schmerzhafte Lektion," gestand er mit einem Seufzen, "wie mir Herr Galahan erst kürzlich vor Augen führte - aber einprägsam." Nun drehte er den Kopf und sah Sianna direkt an und sein Blick musterte seine Schutzbefohlene für einen langen Moment.
"Was ist mit dir, was hat dich das Turnier gelehrt?"

Seine Schildmaid wandte den Kopf und erwiderte seinen Blick fest und entschlossen. "Dass sich mein Leben grundlos ändern mag und dass ich auch dann einen Weg finden werde. Es geht nicht darum, die Bessere zu sein - ich weiß, dass ich das bin. Es geht darum, am Leben zu bleiben, um überhaupt weiterhin Entscheidungen treffen zu können."
Sie seufzte leise, als sie hinzufügte: "Ich hätte nur nicht gedacht, dass manche Entscheidungen so sehr schmerzen wie die schlimmste Verletzung..."

Josold nickte nachdenklich. "Wohl wahr, wohl wahr....", dabei kehrten seine Gedanken zu der Zeit zurück, als er eine solche Entscheidung getroffen hatte. Eine Zeit in der er alles zurück gelassen hatte, seine Familie, seine Freunde, seine Heimat. Damals war es ihm als der einzig richtige Weg vorgekommen und den Preis, den er dafür gezahlt hatte, hielt er für unvermeidlich.
"Und Siana," fragte er nun, "was ist das für eine Entscheidung, die du getroffen hast?"

Die Knappin hatte die Frage erwartet und war froh, dass sie aussprechen konnte, was unvermeidlich war. "Ich werde vorerst Edelmagd sein und habe meine… Wünsche, Ritterin zu werden, losgelassen. Meine Hoffnungen setze ich stattdessen in meinen Bruder: Ich habe ihm meine Gewinne geschenkt, damit er es vielleicht schafft."

"Du hast dich also von allem losgekauft. Wie einfach." Josold schnaubte verächtlich. "Dein Talent, deine Träume, die Hoffnungen und Erwartungen, all die Jahre der Ausbildung für ein paar Silbermünzen hergegeben." Der Weidener Ritter konnte seine Enttäuschung kaum verhehlen und schüttelte resigniert den Kopf.
"Bleibt zu hoffen, dass dein Bruder dein Geschenk zu würdigen weiß. Sei es wie es sei, am Ende triffst du diese Entscheidung - ich kann nur eine Empfehlung aussprechen, wenn ich denke, du taugst für den Ritterstand."
Josold grübelte geraume Zeit. "Du wähnst dich im rechten Alter, scheinst nicht mehr daran zu glauben, etwas von mir lernen zu können und wartest darauf, von mir frei gegeben zu werden, nun da du nicht mehr Ritterin werden möchtest. Ist es so?" Die Frage klang ruhig und durchaus interessiert und schien frei von Vorwurf und Enttäuschung.

"Ich BIN im rechten Alter, Hoher Herr", gab Siana nach der unverhohlenen Androhung förmlich und kalt zurück. "Und ich KANN nicht Ritterin werden, da mein Familienzweig über kein Lehen und keine Einkünfte verfügt. Wir Geschwister sind aber allesamt in teurer Ausbildung, wie Ihr wissen solltet. Mein Bruder ist bei einer Baronin Schildknappe und hat auf einem großen Turnier gewonnen - eine Möglichkeit, die ich in diesem und im nächsten Götterlauf ziemlich sicher nicht habe. Jelwin aber kann sich noch über Götterläufe hinweg hervortun, während ich gerade meinen zwanzigsten Tsatag gefeiert habe."
Sie atmete tief durch und setzte dann schneidend hinzu: "Eure Empfehlung ist Eure Sache, Hoher Herr. Wenn Ihr mir etwas beibringen wollt, seid Ihr gerne eingeladen - Verantwortung für meine Geschwister zählt sicherlich nicht dazu."

Josolds Miene verfinsterte angesichts ihrer harschen Worte, doch schon bald wich sie einem sampften Lächeln. "Für wahr Mädchen, ich sollte mich wahrlich mit Ratschlägen dieser Art zurückhalten. Wie es scheint, hat mich deine Entscheidung ebenso getroffen wie dich, und ich muss mir wohl vor Augen halten, dass dieser Weg für dich auch weiterhin offen steht, sollte sich das Blatt zu deinen Gunsten wenden."
Die Miene des Ritters verhärtete erneut. "Dann soll es so sein", verkündete er und Siana wußte, dass er ihre Antwort als Zustimmung auf seine Frage wertete. "Ich werde dich gürten und dich dem Ritterstand anempfehlen wie es sich geziemt. Wähle, ob es am Tag vor der Abreise nach Weiden erfolgen soll oder ob du uns noch als meine Knappin dorthin begleiten willst."

Erleichtert atmete Siana durch, bevor sie ihrem Schwertvater antwortete. "Ich würde gerne Eure Heimat sehen… die Euch im Herzen nicht losläßt, ehe Ihr Euch entscheidet. Es wäre mir eine Ehre, dort gegürtet zu werden. Donnerbach soll nicht weit entfernt liegen und ist sicherlich eine Pilgerreise wert."

Josold nickte mit einem versonnenen Lächeln auf den Lippen: "Das will ich wohl meinen, ein Muss für jeden, der von sich behaupten will Weiden bereist zu haben. Ich bin mir sicher, du wirst es nicht bereuen."