Des Falken letzte Ehr` (1045) Teil 05: Der alte Rüdemann

Aus AlberniaWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen


Dramatis Personae

Johril Dragentrutz Ritter Wappen haus dragentrutz.png (Alter: 40)
Callean Vialigh Knappe Wappen haus vialigh.png (Alter: 15), Schildknappe von Johril Dragentrutz
Caertan von Nymphensee Ritter Wappen haus nymphensee.png (Alter: 21)
Gerwine Golla Fischerin aus Schilfensee (Alter: 52)
Bornwulf Tauschlag Rüdemann (Alter: 51)
Laromar Tauschlag Jagdknecht (Alter: 17)


Ein Bündel Holz

Es war ein halbes Stundenglas vergangen, als sich aus dem dichten Gehölz eine hagere Gestalt in schlichter brauner Ledergewandung näherte. Unter dem linken Arm trug er ein Bündel Holz, welches er sorgsam verschnürt hatte. Er bemerkte die Neuankömmlinge und hielt inne, während er sie misstrauisch beäugte. Doch schon bald hellte sich die Miene des Alten auf, als er den Wappenrock des Hauses Drakentrutz und dessen Träger erkannte. Mit behänden Schritten eilte er auf das Jagdlager zu. „Edler Herr Johril! Ihr seid endlich zurück. Firun zum Gruße!“ Der Ritter nickte ihm zu: “Ah, Bornwulf. Firun mit dir!” Jorhil hatte den Mann gleich erkannt. Wie Ardan ihm einst erzählt hatte, stand dieser seit seiner frühesten Jugend in den Diensten des Hauses Falkraun. Seit Jahren kümmerte er sich um die Abrichtung der Jagdhunde. Wie der Ritter wusste, galt Bornwulf als ein geschickter und erfahrener Jäger, von dem Johril noch viel lernen konnte, ebenso wie sein Knappe Callean.
“Wo ist Wohlgeboren Falkraun”, wollte Johril im Nähertreten wissen.

“Mein Herr ist heute bei Morgengrauen zusammen mit meinem Sohn losgezogen, um die Fährte eines Hirschen zu verfolgen, welche wir gestern entdeckten. Die Spur führte in Richtung des Madaschlags, wo die drei Weisen stehen”, entgegnete Bornwulf. “Gestern?”, wiederholte Johril knapp und legte dabei seine Stirn in Falten. Er kannte die Stelle im Wald aus Erzählungen seines Schwiegervaters. Es handelte sich um drei uralte, geradezu riesige Eichen, die inmitten einer großen Waldlichtung standen, welche die Form eines Sichelmondes hatte und Madaschlag genannt wurde. “Wer weiß schon, wo sie im Augenblick sind, Bornwulf?”, erklärte der Ritter zweifelnd. “Da ihr keine Pferde dabei habt, wird es sicherlich schwer einen stattlichen Hirsch zu bergen. Womöglich will sich Wohlgeboren Falkraun diesen aber auch nur aus der Nähe ansehen und ihn ansonsten ziehen lassen. Wenn wir uns jetzt allerdings auf die Suche nach ihm machen, kann es dennoch sein, dass er eher das Jagdlager erreicht, als wir den Madaschlag”, erklärte der Ritter. “Daher ist es wohl besser, wir warten bis Wohlgeboren Falkraun von der Jagd zurückkehrt”, sinnierte Johril weiter und sah dabei zu Bornwulf, Herr Caertan und seinem jungen Schützling.

Eigentlich hatte Callean sich schon gefreut, bei einer Hirschjagd dabei zu sein. Nun wurde daraus nichts. Doch es ärgerte ihn nicht wirklich, dass sie hier noch eine Weile ausharren und warten mussten, hatte er doch vorhin ein schönes Stück Holz gefunden, daran wollte er ein wenig schnitzen.
“Ja, Herr Johril, das wird das Beste sein. Herr Lûran meinte, er wolle nur einen Blick auf das prächtige Tier erhaschen und dann wieder zum Lager zurückkehren.” Bornwulf schleppte das Bündel zur Feuerstelle und machte sich daran, das Feuer neu zu entfachen.
“Setzt Euch und rastet. Ich werde Euch währenddessen etwas zur Stärkung bereiten.” Mit diesen Worten ging er geschäftig ans Werk. “Callean! Du machst dich nützlich und gehst Bornwulf zur Hand”, entschied dessen Schwertvater mit knappen Worten.
Der soeben Angesprochene seufzte innerlich - es würde also auch aus dem Schnitzen nichts werden. Calleans Enttäuschung aber währte nur kurz, denn er wollte bei diesem Ausflug doch eine gute Figur machen und wenn sein Schwertvater wollte, dass er dem Knecht beim Kochen half, dann würde er genau dies tun. Herr Johril sah den beiden einen Augenblick nach, um dann erneut das Gespräch mit Herrn Caertan zu suchen, der auf dem ganzen Weg nach Draustein nicht allzu viel von sich preisgegeben hatte.

“Junger Herr, Ihr müsst nicht, wenn Ihr nicht wollt. Ich habe alles bereits hier, was ich brauche. Herr Lûran wird sicherlich bald zurück sein”, meinte Bornwulf freundlich zu Callean, während er sich daran machte, Feuerholz nachzulegen. Der alte Mann schien ein sanftes und ruhiges Gemüt zu haben. Sein einst schwarzes Haar und der buschige Backenbart waren von grauen Strähnen durchzogen. Das Gesicht wettergegerbt mit klarem Blick. Callean fielen unzählige Narben an seinen Händen und Unterarmen auf, die aber seine Fingerfertigkeit in keiner Weise einzuschränken schienen. Bornwulf hob den Blick und lächelte. “Wenn Ihr Eurem Schwertvater aber Gehorsam leisten müsst, dann nehmt Euch das Handbeil dort drüben und macht den Rest des Brennholzes doch noch etwas handlicher.” Das Beil lehnte einige Schritt entfernt an einem alten Baumstumpf. Daneben lag das Bündel Holz, welches er davor im Wald gesammelt hatte.

“Meister Bornwulf, es macht mir nichts aus, euch zur Hand zu gehen”, entgegnete der junge Mann freundlich und nahm sich des Brennholzes an. Zweifellos wollte er die aufgetragenen Dinge zur Zufriedenheit ausführen, denn er ging beherzt zu Werke und gewissenhaft - auch wenn es sich nur um Holz handelte, welches er kleiner hacken sollte. Der Alte nickte Callean anerkennend zu und widmete sich wieder der Bereitung einer ordentlichen Brotzeit. Geschäftig holte er allerlei Verpflegung aus einem der Zelte und begann damit, diese anzurichten.