Des Falken letzte Ehr` (1045) Teil 01: Prolog

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Prolog

Die letzten drei Treffen hatten seiner Gestechrüstung bereits schon ordentlich zugesetzt. Doch im Augenblick verbannte Ardan Falkraun den Gedanken an die schmerzenden Blessuren. Sein Leib hatte diese in der Farbe von blaublühendem Jasalinkraut erkauft. Ardan spähte durch den Sehschlitz seines Topfhelms zum anderen Ende der Turnierbahn. Sein Gegner war Caertan von Nymphensee. Ardan wusste so gut wie nichts über seinen Gegner. So gut wie niemand tat dies hier. Denn dieser war ein junger Streiter, vielleicht fünf Götterläufe jünger als er selbst, der in Winhall seinen Ritterschlag erhalten hatte und der Sohn des Haushofmeisters von Burg Bredenhag war. Ein Umstand, der in den Schranken allerdings zur Bedeutungslosigkeit verblasste. Herr Caertan war ordentlich gerüstet. Der polierte Stahl seiner Rüstung war mit Fabelwesen verziert und sein Helm ähnelte dem Antlitz eines Holden. Womöglich ein Erbstück seines Hauses. Ardan war gewarnt, immerhin hatte der Nymphensee in nur zwei Runden Brandred Albarung besiegt und diesen mit einem sehenswerten Treffer aus dem Sattel gestoßen.
Als die Fanfaren ertönten, drückte sich der junge Falkraun aus dem Gestechsattel und verlagerte sein Gewicht nach vorne. Die Steigbügel aus Eisen verliehen ihm Halt und Sicherheit. Wie Donnerhall erklang der Hufschlag von Nuriya, seinem treuen Streitross, als dieses mit den Hufen die Erde aufriss. Fest presste Ardan den Lanzenschaft gegen seine Rüstung, dennoch gelang es ihm nicht, die Lanze zielsicher zu führen und so tanzte die Turnierkrönung stetig auf und ab. Der Aufprall der gegnerischen Lanze trieb Ardan die Luft aus der Lunge und fuhr ihm durch Mark und Bein. Unter großen Schmerzen ächzte er auf, während er sein Ross erneut zur Turnierbahn wandte. Tränen schlichen sich in seine Augen und erschwerten ihm zusätzlich die Sicht. Der Schmerz in seiner Brust war zum Schreien, als Nuriya auf seinen Gegner erneut zugaloppierte. Behände hatte sich dieser bereits von einem Mietknappen eine weitere Lanze reichen lassen, während Ardan zuvor nicht getroffen hatte. Der Falkraun hielt den Atem an, während beide Turnierlanzen ihr Ziel sowohl in der zweiten Runde, als auch in der dritten Runde verfehlten. Abermals gelang es Ardan nicht, den brennenden Schmerz in seiner Brust zu verbannen, während es ihm zusehends schummrig vor Augen wurde. Womöglich hatte er sich die Rippen gebrochen. Doch er wollte nicht die Lanze strecken und so ritt er ein weiteres Mal in die Schranken.
Als die gegnerische Lanze auf seiner Brustplatte brach, spürte Ardan sogleich einen stechenden Schmerz in der Kehle. Für einen langen Augenblick war er schwerelos. Instinktiv rang er nach Luft. Die ersten Erinnerungen, die ihn wie helles Licht durchströmten, waren jene an seine Kindheit. Und der Augenblick währte eine Ewigkeit. Während mit seinem letzten Atemzug auch aller Schmerz verflog, umfing ihn das Gefühl von großer Dankbarkeit und Verbundenheit mit all jenen Menschen und Erfahrungen, die ihn auf Dere geformt hatten. Mit göttergefälliger Zuversicht im Herzen, hieß er das gleißende Licht willkommen. So war Ardans Blick auch längst erstarrt, als ihn Johril Dragentrutz und Travian Falkraun endlich auf der Turnierbahn erreichten.