Die Renegaten des Seenlandes (1037)

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Briefspiel
Die Renegaten des Seenlandes (1037)
Region: Seenland
Ort: Nebelfeste in Ceócarraig in Westpforte
Ab Jahr: 1037 B.F.
Zeitraum: Travia
Beendet:

Ja

Beteiligt: Aelfric von Nebelfels, Cuanu von Nebelfels, Gundbald von Schleiffenröchte, Halman ui Galbaryn
Kapitel:



Die Krönung

Ceócarraig im Westpforter Land an einem frühen Herbsttag im Jahre 1037 nach Bosparans Fall

Ein halbstarker Junge von vielleicht 15 Wintern mit wuscheligen braunen Haaren eilte durch die zugigen Gänge der nur schwach erleuchteten Nebelfeste. Der Anstand gebot es zu klopfen, aber dafür war er viel zu aufgeregt. Er stürmte regelrecht in das Arbeitszimmer seines Vaters und ignorierte dessen Vogt, der sich auch dort befand.

" Vater, Vater. Warum hast Du mir nicht erzählt, dass die Kaiserin nach Albernia kommt?", empört blickte Ninian in die Augen seines Vaters.

"Ganz einfach mein Sohn, ich plane grade welche Vorräte wir brauchen, damit niemand in diesem Winter hungern muss und auch dein Kamin über die dunklen Monate warm bleibt. Was nutzt es, dass die Kaiserin im Frühjahr kommt, wenn man im Winter erfriert?"

"Aber Vater, sie kommt um Prinz Finian feierlich zum Fürsten zu ernennen und das obwohl er das vorgeschriebene Alter nicht erreicht hat. Es wird große Festivitäten geben und der ganze reisende Hof wird nach Havena kommen. Das müssen wir sehen Vater!"

Aelfric erhob sich schwer von seinem Stuhl, griff nach dem Stab und humpelte seinem Sohn entgegen:" Sohn, zu meiner Jugend wurden wir von einem König regiert. Nun kommt eben jene Kaiserin, die selber kaum dem Kindesalter entwachsen ist. Eben jene Kaiserin die uns die Königskrone nahm. Jene Kaiserin die unsere letzte Königin in ein Kloster verbannte. Sie kommt um einen Jungen, der kaum älter ist als du zum Fürst zu ernennen. Warum jubelst du? Warum sollte Albernia jubeln? Es ist, als würde einem der Laib Brot genommen und man würde über die letzte trockene Kante jubeln die man zurückerhält!"

Ninian wurde still und wich zurück aber sein Vater war noch nicht fertig: " Es mag sein, dass wir nach Havena reisen werden um der Krönung bei zu wohnen, aber wenn wir reisen, dann nicht wegen der Feierlichkeiten, sondern weil wir es für politische Zwecke benötigen. Und jetzt raus!"

Aelfric hatte die letzten Worte fast geschrien. Ninian war sauer, fühlte sich missverstanden. Aber er wusste auch wann er nicht mit seinem Vater diskutieren durfte. Als letzten Akt des Widerstandes knallte er die Tür des Arbeitszimmers so laut zu, wie er vermochte. Dann ging er in sein Zimmer. Sein Vater verstand einfach nicht, wie wichtig es für ihn war zur Krönung zu reisen. Sein Vater verstand einfach nie was wichtig war.


Ein Fischreiher ohne Teich

Ceócarraig im Westpforter Land an einem kalten Wintertag im Jahre 1037 nach Bosparans Fall

Die ersten Sonnenstrahlen hüllten Ceócarraig in ein diffuses Licht. Der Bodennebel wich langsam vor dem neuen Tag zurück. Geschäftige Betriebsamkeit erfüllte das Dorf, als die Fischer zum See aufbrachen und die Torfstecher in die Sümpfe. Der Fremde wurde von manchen nur kurz gemustert, andere fixierten ihn lange ehe sie den Blick abwandten. Wieder andere tuschelten verstohlen, sobald der Fremdling außer Sicht war. Der Fremde war groß und hager, ja beinahe ausgezehrt. Er trug die einfache Kleidung eines Leibeigenen. Er war verdreckt und seine Haare waren filzig. Die Dörfler die ihn genauer betrachteten, sahen aber auch die Muskeln, wo das Hemd an den Oberarmen spannte. Der Fremdling bemerkte wohl, dass man ihn musterte, aber er ignorierte die Blicke und hielt schnurstracks auf den Felsen zu. Fest im Griff der Linken hielt er ein zerknittertes Stück Papier. Die mutigen unter den Fischern tuschelten, dass er ruhig zum Junker gehen solle, dieser würde den Fremden schon aus dem Dorf jagen.

Zielstrebig nahm der Fremdling den Pfad zum Tor wo er von dem diensthabenden Büttel aufgehalten wurde. "Halt, wohin wollt Ihr?" Die Stimme des Fremden war tief und grollte: " Ich bin auf dem Weg zu deinem Herrn, wir sind Kameraden aus alten Zeiten:" "Kann ich mir schwer vorstellen." erwiderte der Wächter. " sagt der schwarze Fischreiher steht vor seinem Tor, ihr werdet sehen, ich bin Willkommen." Der Wächter machte sich auf den Weg um den Junker und seinen Verwalter über den seltsamen Besucher zu informieren.

Wenig später öffnete sich die Pforte am Tor und dem Fremdling wurde Einlass in die Nebelfeste gewährt. Mordovan saß im Arbeitszimmer des Junkers. Er war ein Risiko eingegangen als er hergekommen war, doch es hatte sich bezahlt gemacht. Man hatte ihn nicht vom Hof gejagt. Stattdessen war ihm ein Bad bereitet worden, er hatte frische Kleidung bekommen und dann hatte er gemeinsam mit den anderen zu Abend gegessen und mit Aelfric den guten alten Zeiten nachgehangen. Nun saßen sie in kleiner Runde im Arbeitszimmer des Junkers um die Gespräche zu führen, die nur für eine Handvoll Ohren bestimmt waren. Neben Aelfric und Mordovan waren nur Hesindian der Verwalter und Aelfrics ältester Spross Cuanu anwesend. Auf dem Arbeitstisch lag das Schriftstück des Fremdlings ordentlich glattgestrichen so gut es ging.

Wie in den alten Tagen war es auch heute Aelfric, der das Gespräch eröffnete: "Wie lange, wie lange ist es Herr Mordovan? War es im Jahr 32 bei Abilacht, als wir unbesiegt die Waffen streckten?" Mordovan lächelte: "Richtig Herr, es sind bereits 5 lange Götterläufe vergangen." Im stillen Einverständnis verschwiegen es beide, dass es in den ersten Nachkriegsjahren noch Kontakt gegeben hatte.

"Wie ist es dir ergangen? Ich fürchtete Gräfin Galahan hätte dir ein feuriges Ende bereitet."

"Viel fehlte nicht dazu. Einige unserer einstigen Brüder haben auf Golgaris Schwingen in Borons Reich Einzug gehalten. Wie Du mir ansiehst, bin auch ich den Häschern mehrmals zur knapp entkommen."

"Und nun? Bist Du gekommen, um dich zur Ruhe zu setzen? Euer Haus steht immer noch leer."

"Nein, ich kann nicht. Ich habe es geschworen. Die Nordmärker nahmen mir Frau, Kind und Ehre. Du weißt, dass ich einst ein Ritter war. Mag sein, dass man es mir nicht mehr ansieht und mit Sicherheit kann ich mir die Ideale und Tugenden nicht mehr leisten, aber eins ist sicher niemals bricht ein Ritter seinen Schwur!"

"Wie kann ich Dir helfen, Ritter der Seenlande?" In Aelfrics Stimme erklang kein Spott, nur aufrichtige Ehrbezeugung.

"Ich will es weiter führen, Im Sinne der Füchse. Gib mir einen Zufluchtsort und Ausrüstung und wir teilen die Beute."

"Wie viele seid ihr Mordovan?"

"Nur mehr 6, aber alles gute Männer."

"Nun gut, Du kennst ja die Katakomben unter der Burg. Aber Ihr angelt nur nach kleinen Fischen und wenn man euch fängt, bestreite ich jede Verbindung."

"So sei es, Bruder." Mordovan reichte Aelfric die Hand zum brüderlichen Gruß. Im Schatten des Karminfeuers schlug dieser ein und besiegelte den Pakt.


Kleine Fische

Ceócarraig im Westpforter Land an einem dunklen Tag früh im Jahr 1038

Schon als Cuanu noch ein kleiner Junge war, hatte der alte Turm eine besondere Anziehungskraft auf seinen Vater ausgeübt. Heute aber kam sein Vater nur noch selten her. Sein schlechtes Bein machte den Aufstieg mühsam. Aber es war ein guter Tag und so hatte Vater den Aufstieg gewagt und trotzte dort oben dem näher kommenden Unwetter. Cuanu gesellte sich zu ihm und gemeinsam schwiegen sie eine Weile. Cuanu war erst vor wenigen Wochen heimgekehrt. Er hatte den Ritterschlag erhalten und wurde nun darauf vorbereitet eines Tages sein Erbe anzutreten. Aelfric zog ihn zu allen Beratungen hinzu und hörte sich immer seine Meinung an. Die Entscheidungen traf der Junker aber wie eh und je selbst. Eine der letzten Entscheidungen bereitete ihm besonderes Unbehagen. Deswegen hatte er seinen Vater hier oben aufgesucht. Hier war ein guter Ort um das Thema anzuschneiden.

Cuanu drehte sich um, lehnte sich mit dem Rücken an eine der Zinnen und durchbrach die Stille: "Vater, ich traue diesem Mordovan nicht. Er ist ein Verbrecher, der unter dem Deckmantel der Rebellion Händler um ihre Waren erleichtert oder ihnen schlimmeres antut."

"Sohn", Aelfrics Augen bohrten sich in die seines Ältesten: "Mordovan ist ein Mann, der den Kampf fortsetzt, den zu viele von uns aufgegeben haben. Er sieht nicht danach aus, aber so wie Du ein Ritter bist, ist auch er einer. Er schwor einst für ein freies Albernia zu kämpfen und hält sich noch heute an seinen Schwur."

"Vater, was ist, wenn seine Spuren hierher führen? Bisher hat er nur vereinzelt Händler aus den Nordmarken überfallen, aber irgendwann wird ihm das nicht mehr reichen! Noch hat niemand Fragen gestellt, aber wenn sich die Gerüchte verbreiten, könnte das auf uns zurückfallen. Wir müssten erklären, warum wir den Renegaten nicht habhaft werden können."

"Sohn, Mordovan ist mein Waffenbruder. Er stand an meiner Seite, als meine leiblichen Brüder schon lange gefallen waren. Ich vertraue ihm. Aber Du kannst Dir sicher sein, wenn er die Familie in Gefahr bringt, werden wir ihn schnell und ohne Aufsehen beseitigen."

Cuanu nickte.

"Ich werde in einigen Tagen nach Havena reisen. Leider können wir uns dem Besuch der Kaiserin nicht entziehen. Hesindian wird an meiner statt die Geschäfte führen. Unterstütz ihn und lerne."

Das Gespräch war damit beendet. Cuanu nickte erneut und dann schauten der Junker und sein Erbe noch eine Weile gen Norden über den See und blickten dem ankommenden Unwetter entgegen.


Große Fische

Im Umland von Havena während der Feierlichkeiten zur Krönung des Prinzen Finian im Jahr 1038

Das Albernische Sturmhorn hatte Mordovan auf die Spur des Leibritters gebracht. Der Autor schrieb unter dem Deckmantel des freien Alberniers und die Freiheitskämpfer gingen mit seiner Meinung konform. Hagrobalds Speichellecker hatten den Emporkömmling schon zu lange bei seinen hochtrabenden Plänen unterstützt. Während die wahren Söhne Albernias sich verstecken mussten, stolzierten die Unterstützer der Nordmarken wie Pfauen durch ein vom Krieg geschundenes Albernia. Es wurde Zeit, ein Zeichen zu setzen und Halman ui Galbaryn war das richtige Mittel für den Zweck.

Mordovan und seine Leute waren dem Ritter bereits seit einigen Tagen gefolgt. Zuerst hatte sich keine passende Gelegenheit ergeben, aber schließlich war er ihnen in die offenen Arme gelaufen. Unweit von Havena hatten sie in einem Gasthaus erfahren, dass Hagrobald Guntwin wenige Tage vor der Krönung des Prinzen eine Jagdgesellschaft für seine Getreuen geplant hatte. Am Abend vorher hatten sie schließlich in einem anderen Gasthaus einem Diener mit Bier die Zunge gelöst und erfahren, wo die Jagd stattfinden sollte.

Galbaryn musste ihnen nur noch den Gefallen tun und sich vom Rest der Jagdgesellschaft trennen. Phex war ihnen hold an diesem tristen Tag und nach einigen Stunden verloren Halman und sein Knappe den Anschluss zur restlichen Jagdgesellschaft. Das besiegelte das Schicksal des jungen Ritters. Galbaryn tränkte sein Pferd grade an einem kleinen Weiher, als die Vermummten über ihn herfielen. Sein Knappe (1) fiel schnell, aber der Ritter konnte rechtzeitig nach dem Schwert greifen und so zwei seiner Angreifer erschlagen, bevor er nach einem Keulenhieb auf den Hinterkopf zu Boden ging. Die Renegaten verpassten ihm sicherheitshalber noch einige weitere Knüppelschläge.

Erst als sie sicher waren, dass er vorerst nicht aufstehen würde, entkleideten sie ihn und zogen ihm einen Sack über den Kopf. Das Wappen war eindeutig das gleiche wie in dem Pamphlet. Sie hatten den richtigen erwischt. Auch die Beute war reichlich. Die Geldkatze des Ritters war gut gefüllt und sein Schwert von guter Qualität. Außerdem hatte er zur Jagd Speere getragen und sein Knappe einen guten Bogen mitgebracht, den er nun nicht mehr brauchte.

Die Pferde der beiden waren im Kampf zu Schaden gekommen. Da die restliche Jagdgesellschaft nicht weit war, konnten Sie es sich leider nicht leisten, die Tiere zu braten. Zu hoch war die Gefahr entdeckt zu werden. Also trieben Sie den Gefangenen an und zogen nordwärts. Der Weg zum Unterschlupf würde mehrere Praiosläufe in Anspruch nehmen, zumal damit zu rechnen war, dass Galbaryn unterwegs Widerstand leisten würde.

Bevor Sie aufbrachen, banden Sie das Sturmhorn an der Leiche des Knappen fest. Isoristen und Nordmärker waren von den treuen Alberniern nicht erwünscht. Die Freiheitskämpfer gingen sicher, dass die Nachricht klar und deutlich war.


Leere Netze

Der Stadteil Oberfluren in Havena während der Feierlichkeiten zur Krönung des Prinzen Finian im Jahr 1038

Der Tag der Krönung war gekommen. Während der Prinz sich im alten Efferdtempel auf seinen großen Tag vorbereitete, versuchte der alternde Junker von Nebelfels in seiner Unterkunft in Oberfluren die Kälte aus den Knochen zu vertreiben. Obwohl Havena noch in nächtliche Dunkelheit getaucht war, ging es auf den Straßen bereits geschäftig zu. Die rissigen Fensterläden waren noch geschlossen und doch drangen Straßenlärm und Meeresluft durch die morschen Dielen.

Auf den Straßen sprach man voller Freude vom Prinzen und dem reisenden Kaiserhof. Aelfric konnte die Freude der einfachen Leute nicht teilen. So gerne er auch ein Zeichen der Versöhnung zwischen Albernia und dem Reich gesehen hätte, die Krönung war keines. Er sah es eher als weitere Schmach an. Finian zum König zu krönen und ihm die Delfinkrone auf das Haupt zu setzen, dass wäre ein Zeichen für den Willen der Versöhnung gewesen. So aber empfand Aelfric es nur als eine weitere Erinnerung an vergangene Niederlagen. Er griff nach seinem Stock und erhob sich schwerfällig. Das Knie war in der Nacht steif geworden. Wieder einmal. Seufzend setzte Aelfric sich an den einfachen Tisch. Es galt Wärme in die Knochen zu bekommen. Sonst würde er darauf verzichten müssen, den alten Efferdtempel und den Damm zu besichtigen. Aelfric besann sich. Der Damm wurde als Anlegestelle benutzt, nachdem Schiffe die eigentlichen Piers sinnbildlich überschwemmt hatten. Er würde nur die abendlichen Feierlichkeiten im Schloss besuchen.

Cianne, seine Magd, beeilte sich den Tisch zu decken. Aelfric hatte sie in der vergangenen Nacht ausgeschickt, um Klatsch und Tratsch von Bediensteten anderer Edler zu erfahren. Ihre Augen waren aufgequollen und ihr Atem roch nach billigem Fusel. Dennoch bemühte sie sich, ihrer Arbeit nachzugehen.

Nachdem er zum Tisch gehumpelt war und sich gesetzt hatte, gebot er Cianne, sich ebenfalls zu setzen. Dann lauschte er dem, was sie in Erfahrung gebracht hatte. Es schien als hätte Cianne einen Diener des Fürstenhofes gefunden, der einen Narren an ihr gefressen hatte. Sie berichtete davon, dass ein Mitglied des Kronrates tod in der Nähe zum Hafen aufgefunden worden war. Sie hatte aber weder den Namen, noch die Position des Gemeuchelten aus ihrem Gesprächspartner hervor locken können.

Aelfric konnte nur spekulieren. Ein anderes Gerücht erregte sein Interesse noch weitaus mehr. Ein Ritter aus dem Gefolge Hagrobald Guntwins sollte nach einem Jagdausflug nicht heimgekehrt sein. Zwar machte sich der Graf keine Sorgen um den Ritter, der als Freigeist galt, aber die Familie des junge Knappen war eigens zur Krönung nach Havena gekommen, um den Sproß zu besuchen und sehr wohl über dessen Verschwinden besorgt. Cianne erzählte weiter, aber Aelfrics Gedanken blieben bei dem verschwundenen Ritter hängen. Ein spurlos verschwundener Leibritter könnte dem Ursupator als Zeichen der Schwäche ausgelegt werden. Aelfric würde bei den Feierlichkeiten am Abend besonders drauf achten, wer nicht angereist war. Nach einem alten Sprichwort, sagten Abwesenheit und Unausgesprochenes oft mehr als stundenlange Gespräche. Der Nebelfelser würde ein Auge drauf werfen, wer nicht am Hof weilte.

Auf dem Weg heim ließ Aelfric sich die Feierlichkeiten noch einmal durch den Kopf gehen: Er hatte beinahe überhaupt keine Informationen bekommen - auch nicht über das das Mitglied des Kronrates. Viele seiner Weggefährten waren in den letzten Jahren gefallen und nach dem Ende des Krieges hatte Aelfric kaum noch Kontakte gepflegt. Dennoch war der Abend nicht völlig verschenkt gewesen, hatte er doch einige wenige Worte mit Agylwart wechseln können.

Er war bereits auf dem Weg zu seiner Unterkunft, als er eine hitzige Unterredung zwischen Hagrobald Guntwin und Ulfried von Schleiffenröchte, einem seiner Ritter, beobachten konnte.

Sobald er sich näherte, schwiegen beide und setzten ihr Gespräch erst fort, nachdem Aelfric außer Hörweite war. Ulfried hatte Kinder. Aber hatte er nicht einen Sohn im Knappenalter und wenn, bei wem war dieser Sohn in Knappenschaft? Aelfric grübelte noch einige Zeit darüber nach, aber er konnte keine Verbindung ziehen. Er würde daheim mit seinem Sohn sprechen, der war erst vor wenigen Monden zum Ritter geschlagen worden und kannte sich bei solchen Themen besser aus.


Ein kleiner Fisch in trüben Gewässern

Das Junktertum Ceócarraig im Westpforter Land wenige Wochen nach der Krönung des Prinzen Finian

Abendliche Stille lag über dem kleinen Junktertum Ceócarraig tief in den Seenlanden. Draußen war es stürmisch. Wild peitschte der Beleman durch das Dorf und über die Wehrgänge des Gutes. Die meisten Dörfler hatten sich früh in ihre Häuser zurückgezogen und versuchten zumindest ein wenig Wärme in ihre kleinen Katen zu bekommen. Auch im Junkergut war es still und dunkel. Der Herr weilte noch in Havena und die Kemenate blieb an den meisten Abenden kalt. Die Familie des Junkers und die Bediensteten zogen sich nach dem Abendessen schnell zurück. Nur wenige Fackeln erleuchteten die dunklen Räume.

Ninian streunte ziellos durch die verlassenen Gänge des Gutes. Nachdem der Vogt ihn kurz vor der Abreise gen Havena bei der Tochter der Küchenmagd erwischt hatte, war sein Vater ohne ihn zur Krönung gereist. Hesindian, der Vogt, hatte ihm eine schallende Ohrfeige verpasst.Danach hatte der er ihn zu seinem Vater gezerrt, wo es direkt noch eine weitere Ohrfeige gesetzt hatte. Es war ungerecht. Die Ohrfeigen trafen ihn nicht wirklich. Sie schmerzten schon, aber der Schmerz ließ nach. Tiefer traf es ihn, dass er nicht mit zur Krönung reisen durfte. So sehnlich wollte Ninian einen Blick auf die Kaiserin erhaschen. Anstatt die großen und mächtigen Adligen des Reiches zu sehen, waren Ninians Tage nun mit Waffenübungen und stundenlangem Unterricht über albernische Geschichte gefüllt. Es war zumeist schon dunkel draußen, wenn seine Lehrer ihn endlich für den Tag entließen. Wieder einmal schlenderte Ninian in den Abendstunden alleine durch das Gut und versuchte sich von der aufgestauten Wut und seiner Enttäuschung abzulenken.

Vielleicht sollte er das Mädel noch einmal besuchen? Sie hatte ihn während des Abendessens so neckisch angelächelt. Nein. Ninian entschied, dass es noch zu früh war und er nur in die wartenden Arme der Magd laufen würde. Die Küche war ein lohnenderes Ziel. Die Küchenhilfe vergaß häufig, die Tür zum Gang abends abzuschließen. Bestimmt konnte Ninian einen Becher Ferdoker stibitzen. Es war nicht das erste Mal und aufgefallen war es bisher noch keinem. Leichtfüßig schlich Ninian zur Küche. Phex war ihm hold, denn die Tür war nicht verschlossen. Vorsichtig öffnete er sie grade so weit wie es nötig war, bevor er hineinhuschte und sie hinter sich wieder schloss. Er verharrte kurz bis sich seine Augen an die Dunkelheit in der unbeleuchteten Küche gewöhnt hatten. Dann holte er sich leise einen Tonbecher und goss sich etwas von dem Ferdoker ein.

Grade als der Zweitgeborene sich den ersten Schluck genehmigen wollte, hörte er schnelle Schritte auf dem Gang. Ninian fror augenblicklich ein. Schon wieder erwischt zu werden konnte er sich nicht leisten. Vater würde ihn eine Woche lang zu den Torfstechern schicken oder mit noch Schlimmerem aufwarten. Sein Herz pochte so sehr, das Ninian glaubte es würde rausspringen wenn er nur zu atmen wagte.... Aber die Schritte gingen an der Küche vorbei. Direkt nebenan wurde eine Tür geöffnet. Jemand war in der Kemenate! Ninian wurde neugierig. Auf leisen Sohlen, das Bier fest umklammert, schlich er sich zu der Tür der Küche, die in die Kemenate führte. Behutsam lehnte er seinen Kopf an die Tür und lauschte. Ninian erkannte die Stimme des verhassten Verwalters. Die andere Stimme war ihm fremd. Leider drangen nur Wortfetzen zu ihm durch. "Das ist….", "…Wird außer sich sein…" "…Ein Zeichen… " "…Sturmhorn.." " …Lösegeld…". Ninian stockte der Atem. Schien als wäre er da etwas Großem auf der Spur. Doch dann wurde es wieder still in der Kemenate. Die Tür vom Kaminraum zum Gang wurde aufgeschlagen. Eilige Schritte. Ninian wartete, bis die Schritte verhallt waren. Als Ruhe eingekehrt war, trank er seinen Ferdoker aus. Um ganz sicher zu sein, verharrte er noch einen Moment länger. Dann schlich er sich raus. Die Küchenmagd sollte mittlerweile eingeschlafen sein. Vorsichtig schlich er in Richtung des Gesindezimmers.