Hochzeit auf Moranshall (1043) Teil 01: Prolog

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Dramatis Personae
- Travialyn
- Bruder Dílleachdan


Leise klopfte Travialyn an die Tür ihrer Herrin, doch es erklang keine Antwort. Es wunderte das Mädchen jedoch nicht, dass die Ritterin offenbar zu fest schlief, um das Klopfen zu hören. Immerhin war es sehr früh und sie war den gesamten gestrigen Tag wie auch schon die Tage zuvor mit Hochzeitsvorbereitungen beschäftigt gewesen. Also klopfte Travialyn noch einmal und öffnete dann kurzerhand die Tür, um mit der Kerze, die sie bei sich trug, auch hier Licht zu entzünden, denn es war gerade einmal kurz vor Ende der ersten Traviastunde und draußen noch stockfinster. Vorsichtig beugte sie sich vor, um ihre Herrin durch eine sanfte Berührung an der Schulter zu wecken.

Trotzdem fuhr Rhonwen so unvermittelt hoch, als hätte man sie geschlagen, und starrte das Mädchen mit weit aufgerissenen Augen an, ehe sie verstand, wo sie war und wer vor ihr stand. Mit einem Seufzen ließ sie den Kopf noch einmal zurück auf ihr Kissen sinken und schloss die Augen, während sie gegen die Übelkeit und das Schwindelgefühl ankämpfte.
"Ist es schon so weit?”, fragte sie gepresst, obwohl sie wusste, dass Travialyn ihr nicht antworten konnte. Also wandte sie den Kopf um.

Das Mädchen nickte zur Bestätigung und reichte seiner Herrin mit wissendem Blick ein Stück Brot. Mit einem erneuten Seufzen setzte Rhonwen sich auf die Bettkante, während Travialyn bereits ihre Waschschüssel mit Wasser füllte, und begann in kleinen Bissen zu essen.
Schließlich stand die Ritterin auf und streckte sich, ehe sie sich mit dem kalten Wasser einmal gründlich wusch. Ihr Blick fiel auf die Narbe der noch nicht allzu lang verheilten Wunde, die sich von ihrer linken Schulter bis zur rechten Brust zog. Mitten durch ihr Schlüsselbein und die Tätowierung der beiden Löwinnen, die ihren Rahjaschwur besiegelt hatte. Sie fuhr die noch empfindliche Narbe mit dem Finger nach und nicht zum ersten Mal fragte sie sich, ob sie das für ein Omen halten sollte. Unwillkürlich glitt ihre Hand weiter und kam auf ihrem Bauch zu liegen. Wenn überhaupt, hatte sie etwas abgenommen in den letzten Wochen. "Der Traviageweihte ist sicherlich schon wach?”, fragte sie mehr rhetorisch und sah ihre Vermutung erneut durch ein Nicken bestätigt, das wiederum zu einem Seufzen führte. Wenn Bruder Dílleachdan sich in der Küche nur annähernd so herrisch gebarte wie Ynlais, würde dieser Morgen vermutlich ähnlich demütigend enden wie das eine Mal, da Rhonwen versucht hatte, ein Stück warmes Brot aus der Küche zu stibitzen und ihr die Köchin unvermittelt - und ungeachtet der Tatsache, dass sie die Tochter des Junkers und gerade einmal fünf gewesen war - mit dem Kochlöffel eins übergebraten hatte.

Bruder Dílleachdan war tatsächlich schon unten in der Küche. An einem Tag wie diesem wollte er dabei sein, wenn das Herdfeuer am frühen Morgen neu entfacht würde. Von der Köchin Ynlais, deren strengem Regiment er sich in ihrem eigenen Reich bereitwillig unterwarf, hatte er sich eine Aufgabe erbeten. Natürlich wollte er hier nicht die Hände faul in den Schoß legen, wenn es so viel zu erledigen gab - und so rührte er nun bedächtig und sorgfältig in dem großen Kessel mit der Hafergrütze. Nicht zu langsam, nicht zu schnell - und immer tief genug, damit sich nichts unten am Boden festsetzte. Beim Kochen musste man darauf achten, was man tat. Nichts war nebensächlich, und alles sollte sich ordentlich ineinanderfügen.
Dasselbe versuchte der Geweihte dabei auch mit seinen Gedanken. Er war noch jung, gerade einmal zwei Götterläufe waren seit seiner Weihe in Honingen ins Land gegangen, und seit einem Jahr hütete er nun den Schrein in Tommeldomm. Wie viele Traviabünde er seither gesegnet hatte, konnte er noch an zwei Händen abzählen - und eine Hochzeit im Adel war noch nicht darunter gewesen. Hier waren nun wirklich viele Köche versammelt, die den Brei noch verderben konnten. Gerade einen Brei mit so ungewohnten Zutaten, dachte sich Bruder Dílleachdan und seufzte lautlos.