Auf den Inseln (1040) Teil 04: Auf zu neuen Ufern

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Auf zu neuen Ufern

Das Siebenwindige Meer
Praios, 1040 BF

Die beiden Segel der Zyklopenhammer strafften sich mit Macht, und die Gischt schäumte wild um den Bug der stolzen Bireme. Barl von Hinterbrück stand mit einem breiten Grinsen im Gesicht auf Deck und ließ einen letzten Blick über die langsam verschwindende Insel Kendra schweifen.

Der ehemalige Vizeadmiral der Westflotte lachte leise in sich hinein, als er über seinen Aufenthalt auf der Insel nochmals nachdachte: "Die Pfeffersäcke und Möchtegern-Gelehrten hatten mir tatsächlich die Geschichte vom Zollinspektor Ordhan Fidian abgenommen, und dass obwohl ich leider häufig sehr unvorsichtig gewesen war - ich und ein Lakai des Barons Sanin, dass ich nicht lache." Zufrieden verschränkte er die Arme über der breiten Brust und dachte an die letzten Stunden mit der Dorfheilerin; hier war er wohl nicht zum letzten Mal.

Das war allerdings nicht seine einzige Eroberung gewesen, während seines Aufenthalts hatte er so einige Geschäfte tätigen können. Einige Strandräuber der benachbarten Felseninseln ebenso wie einige Insulaner sowie ein paar Thorwaler Matrosen der Winddrachen hatten sich ihm angeschlossen und waren heute Morgen mit an Bord seines stolzen Schiffes gegangen. Die erfahrene und zudem sehr attraktive Kapitänin Caswalan war ebenfalls in den Dienst der gerechten Sache getreten und würde in nur einem Götternamen seine Offiziere verstärken. Voller Freude dachte er an jenen Abend in der Taverne zurück, als er sich ihr offenbarte und sie sich bereit erklärte, mit ihm zu kommen.

Auch der Handel mit den Insulanern hatte vielversprechend begonnen und der Sohn des Junkers schien für einen Geweihten ganz umgänglich zu sein. Am meisten freute den Piraten, wenngleich er sich nicht als einen solchen bezeichnen würde, setzten er und seine Blaujacken sich doch lediglich für die Interessen des albernischen Königreiches ein, dass es ihm gelungen war, eine junge und überaus anziehende Schreiberin der Fanfare an Bord der Zyklopenhammer zu locken.

Barl blickte sich verstohlen um, nur um sich zu vergewissern, dass die schöne Frau auch tatsächlich nur wenige Schritte hinter ihm stand und ebenfalls der immer kleiner werdenden Insel hinterherschaute. Er war sich noch nicht sicher, was er mit ihr anfangen sollte, jedoch wusste er, dass er nichts unversucht lassen würde, ihr den Hof zu machen.

Ein plötzlicher Schmerz durchzuckte seinen Körper, und die Wunde, welche ihm der Junker der Insel in einem Anflug dämonischer Besessenheit beigebracht hatte, machte sich bemerkbar. Schnellen Fußes ging er in seine Kajüte und betete dort inbrünstig zu Efferd und sicherheitshalber zum Unergründlichen, damit seine Reise gelingen möge.

Tsajane Fiontann-Jasalin - "einfach nur Tsajane aus Havena" - hatte nachdenklich zurück gestarrt und nur beiläufig bemerkt, dass Barl verschwunden war. Weiterhin tief in Gedanken versunken starrte sie kurz auf die Stelle, an der er gestanden hatte, trat dann eben dorthin und sah wieder zurück zu Kendras Klippe.

Sie seufzte. Sie war aufgebrochen mit einer persönlichen Mission und wenngleich sie einiges erwartet - und aus gutem Grunde Yann als Geleitschutz mitgenommen - hatte, war alles ganz anders gekommen, als sie es sich ausgemalt hatte. Ihr Vetter Gwyn war eine große Enttäuschung gewesen und sie haderte mit sich. Sein Vater, ihr Oheim, lag im Sterben und wollte seinen Sohn ein letztes Mal sehen. Wie konnte sie ihn nun damit gehen lassen, dass sein Sohn wenig ehrenhaft gestorben war und sein Leben zuvor nicht besser gelebt hatte. Sie würde mit Yann und vielleicht auch mit Barl darüber sprechen, doch vermutlich würde sie ihr Herz lieber mit der Lüge beschweren, dass es auf Kendras Klippe zu einem Kampf kam und Gwyn sein Leben gab, um das ihre zu retten, als ihrem Oheim auf dem Sterbebett den tiefen Schmerz der Wahrheit zuzumuten.

Lüge und Wahrheit. Sie verfolgte das Spiel der Wellen, während die Insel immer kleiner wurde. Es gab so vieles, was sie hier erlebt hatte, was neu und interessant war, was sie gerne erzählen würde, aber sie hatte kein gutes Gefühl dabei. Stattdessen verspürte sie den Wunsch, die Insel vor weiteren Besuchern zu schützen. Kendras Klippe und ihre Bewohner mussten zur Ruhe kommen und weder zwielichtige Schatzsucher noch fanatische Geweihte wollte sie zu dieser Insel locken. Elgar hatte ihr da grundsätzlich zugestimmt am letzten Abend, wenngleich er sich wünschte, dass Tsajane über den Unergründlichen schrieb und mehr Gläubige zu seiner Insel führte. Doch was unergründlich war, sollte unergründlich bleiben. Außer vielleicht… zwischen den Zeilen.

Sie warf einen letzten aufgewühlten Blick aufs Meer und ging dann zurück in die kleine Kajüte, die Barl ihr zugewiesen hatte, um mit dem Artikel zu beginnen. Und danach - ihr Herz machte einen kleinen aufgeregten Sprung - würde sie sehen, ob Barl ihr das versprochene Gespräch zugestand. Wenn sie damit nach Havena zurückkam, würde Rhonwin ihr vermutlich die Füße küssen und die anderen Schreiberlinge bestimmt vor Neid erblassen.

Dramatis personae

Aufgelistet sind alle erwähnten Charaktere.

An Bord der Zyklopenhammer

  • Barl von Hinterbrück, Piratenadmiral und Kapitän der Zyklopenhammer
  • Tsajane Fiontann-Jasalin, Redakteurin der Havena Fanfare
  • Yann Lardet, Leibwächter Tsajanes
  • Gilia Efferlill Caswalan, Kapitänin

Die Inselbewohner