Wahrerin der Ordnung besucht den Windhag

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Harben, Efferd 1039

Wahrerin der Ordnung besucht den Windhag

– Eminenz Praiadane Lechmin von Hohenfels im Tempel zu Harben

Das Tor in die Greifenlande. Das ist einer der vielen Beinamen der Stadt Harben. Um ihn zu verstehen, muss man sich den Blickwinkel des alten Bosparan zu Eigen machen und bedenken, dass die Stadt jenseits der geschützten Bucht von Grangor der erste sichere Hafen an den felsigen Küsten des Windhag ist. Von hier aus erreichten die Schiffe der ersten Siedler und Entdecker die Mündungen von Tommel und Großem Fluss. Damit war die Stadt, damals wohl nur ein befestigter Stützpunkt, der erste Trittstein zur Eroberung und Besiedlung der nördlichen Küsten durch das Bosparanische Reich.

Noch immer gehört der Tempel des Götterfürsten in der Stadt Harben, welche sich an die aufsteigenden Hänge des Windhaggebirges schmiegt, zur Ordnung Greifenlande. Einer Ordnung, deren (nomineller) Zuständigkeitsbereich bis in den höchsten Norden reicht und dem seit nun schon mehr als zwei Götterläufen die ehrenwerte Praiadane Lechmin von Hohenfels als Wahrerin der Ordnung am Haupttempel zu Havena vorsteht.

So manche Reise hat die Wahrerin während dieser Zeit unternommen, um die Tempel des Götterfürsten in der Ordo Gryphonia zu visitieren. Doch kein Weg führte sie bislang an die Küsten der Markgrafschaft Windhag. Bis heute. Denn im Monat des Efferd nun machte sich die Luminifacta auf den Weg nach Harben, um auch den dortigen Tempel zu besuchen, sich vor Ort mit Herrschenden und Geweihten zu beraten und einen Götterdienst zu Ehren des Praios zu feiern.

Ihre Eminenz reiste mit ihrem Gefolge auf dem Seeweg von Havena gen Harben, die Gelegenheit nutzend, da nun endlich die beiden wieder flott gemachten Triremen der Westflotte „Schattengrund“ und „Retos Treu“ zurück in den Kriegshafen nach Harben überführt werden sollten. Die Havena-Fanfare berichtete seinerzeit über die Entscheidung, nach Ende der Spaltung der Westflotte die beiden Schiffe nach Harben zurückzugeben. Dort sind nun sämtliche Ruderschiffe der Westflotte als 1. Galeerenflottille stationiert. Warum die Überstellung allerdings so lange auf sich warten ließ, mag sich der geneigte Leser fragen. Dies lag an dem Umstand, dass zunächst keinerlei Rudermannschaften mehr zur Verfügung standen, von dem erforderlichen Ausbildungsstand, der nötig ist, um ein so großes Kriegsschiff (beide Havena-Klasse) raubvogelgleich über die Wogen schnellen zu lassen, ganz zu schweigen. Die Lösung brachte schließlich eine massierte Anwerbung für die Westflotte, mit Flugblättern und auch Veröffentlichungen in der Havena-Fanfare, mit deren Hilfe es gelang, ausreichend viele Freie in Sold zu nehmen bzw. die Herrschenden dazu zu bewegen, ausreichend viele verurteilte Straftäter zur Verfügung zu stellen.

So kam es, dass keine geringere als Vizeadmiralin Hildgit von Grötz in Havena feierlich das Kommando über die „Schattengrund“ übernahm, während die „Retos Treu“ auf dieser Reise vom Havener Großkapitän befehligt wurde. Und als wollten Sie ihrer hochgeweihten Passagierin zeigen, dass sie sich willig in die ihnen von Praios auferlegte Arbeit fügten, legten sich die zweimal zweihundert Rojer wie ein Mann in die Riemen. Über ein Jahr hatte es gedauert, aus allen Provinzen des westlichen Mittelreichs genügend Ruderer für die neu aufgestellte Galeerenflotte zusammenzubringen und auszubilden. In Harben erwartet die Ruderer neben ihrer Arbeit an Bord der Schiffe ein gemütliches Heim in dem weitläufigen Harbener Kriegshafen, wo in den kolossalen Kasernenblocks im Pervalschen Monumentalstil ausreichend Wohnraum zur Verfügung steht (auch wenn manche Spötter diesen ummauerten und schwer befestigten Stadtteil seit je her als die „Strafkolonie“ bezeichnen).

Nachdem sie das Hafenstädtchen Kellun passiert hatten, wurden die Schiffe ein Stück weit von Westwinddrachen begleitetet, die immer wieder aus großer Höhe in die Fluten stießen, um einen der hier vorkommenden Thunfische zu reißen. Ein außerordentlicher Anblick, den selbst die Seeleute aus dem Windhag nicht jeden Tag geboten bekommen. Dementsprechend beeindruckt zeigte sich auch Ihre Eminenz Praiadane Lechmin von Hohenfels. Piraten hingegen ließen sich auf dieser Reise nicht blicken. Zum einen wurden diese sicher abgeschreckt durch die Präsenz zweier voll bemannter Kriegsschiffe (eine fette Handelskogge ist den Piraten da lieber), zum anderen konnte die Westflotte in letzter Zeit gegen die Piraterie zunehmend Erfolge verzeichnen. So gelang es jüngst vor den Küsten der Seefreiherrschaft von Ila und Eiras, eine gekaperte Karavelle des Kontors Wellenstein zurückzugewinnen. So erreichte das kleine Geschwader unterstützt von raumen Wind und mit gehissten Segeln sein Ziel, die Festungsstadt Harben.

Zahlreiche Schiffe der Flotte waren ausgelaufen, um den hohen Gast zu begrüßen. Neben der voll aufgetakelten Karacke „Prinzessin“ waren da auch die schwer bewaffnete Trireme „Cusimos Zorn“, die pfeilschnelle Karavelle „Katla“ und sogar die hochbetagten Bireme „Bannstrahl“, das dem Praios zugeordnete Schiff aus der inzwischen legendären Baureihe der „Götterwaffen“, war von den Zöglingen der Harbener Seekadettenschule vor die Stadt gerudert worden, um der Hochgeweihten des Gerechten die Ehre zu erweisen.

Die Schiffe liefen nicht in den Kriegshafen ein, sondern legten im Fischerei- und Handelshafen an, wo Ihre Eminenz, einem gesalbten Haupt gebührend nach alter Sitte vom Meister der Brandung Connar von Quintian-Quandt in Empfang genommen wurde. Vom Tempel des Meeresgottes aus, dem zunächst für die glückliche Überfahrt gedankt wurde, ging es dann in feierlicher Prozession und begleitet von den staunenden Augen der Harbener Bevölkerung über die Nebelstiege hinauf in die Oberstadt, wo sich das aus weißem Kalkstein errichtete Haus des Güldenen über die Dächer der Stadt erhebt. Mit der Wahrerin der Ordnung schritten auch Rianod von Aichhain, die Statthalterin der Markgrafschaft Windhag, Haldana Ismena von Streitebeck, die Stadtvögtin und Hafenkommandantin von Harben, Hildgit von Grötz, die Vizeadmiralin der Westflotte, sowie zahlreiche weitere Kapitäne und Angehörige des Windhager Adels. Nicht zugegen war der Markgraf selbst, Cusimo von Garlischgrötz, seines Zeichens auch Herzog von Grangor, welcher in Vorbereitungen zum Heerzug gegen den Dämonenknecht Helme Haffax unabkömmlich war.

Auf den Stufen des Tempels am neuen Markt wurde die Luminifacta schließlich begrüßt von der ehrwürdigen Harbener Tempelvorsteherin, der Custora Lumini Yolanda, zwar vom Alter gebeugt, doch aus ihren Augen sprühend ein unbeugsamer Geist wie eh und je. In ihr hatte Praiadane von Hohenfels eine wichtige Fürsprecherin bei Ihrer Wahl zur Stellvertreterin des vorherigen Wahrers der Ordnung Praiosson Greiffas. Sich zu dem versammelten Volke umwendend, ergriff die Wahrerin der Ordnung das Wort und hielt eine feierliche Ansprache, in der Sie auf die lange Tradition Harbens abhob und besonders die Custora Lumini Yolanda ehrte, die sich der Meuterei des vormaligen Admirals Radulf Eran Galahan tapfer widersetzt hatte und von den Rädelsführern während der Belagerung Harbens unter Hausarrest gestellt worden war. Während sich im Anschluss die hohen Gäste von der langen Reise erholten und zu trauten Gesprächen in die Grafenburg zurückzogen, feierte das Volk auf den Straßen ein Fest, wie es die Stadt Harben schon lange nicht mehr gesehen hat. Denn die Stadtvögtin hatte ihre Schatztruhen geöffnet, um ein Zeichen zu setzen für die Ankunft Harbens in einer neuen, gesetzestreuen Zeit, in der man den Makel, ein Nest von Meuterern und Piraten zu sein, nun endlich hinter sich lassen möge.

Zwei Wochen weilte Ihre Eminenz in der markgräflichen Perle. Höhepunkt neben zahlreichen Beratungen und Audienzen war ein großer Festgottesdienst zu Ehren des alveranischen Lichtbringers. Selten hat die Stadt in den letzten Jahren seit dem Besuch Kaiserin Rohajas im Jahr 1033 so viel Glanz gesehen wie in diesen Tagen, als das Auge Praios wohlwollend auf der Herrin der Windhager Küste ruhte.

Ihr weiterer Weg führte Praiadane Lechmin von Hohenfels anschließend auf dem Landweg über den Schattengrundpass und durch das Alte Land weiter zur Pfalzburg Weißenstein. Diese verfügt über eine dem Praios geweihte Kapelle. Auch hier hielt die Luminifacta einen Götterdienst, bevor sie weiter zog nach Honingen um von dort aus nach Andergast aufzubrechen. Ob ihre Eminenz in der näheren oder weiteren Zukunft auch die beschwerliche und gefährliche Reise nach Lowangen auf sich nehmen wird, ist noch ungewiss, doch harrt der dortige Praiostempel nach wie vor seiner Weihe.


Für die Havena-Fanfare, Sektion Harben

Sirlan Holzer (Windwanderer)